Amman

Sonntag, 09. Mai 2010

Kurze Zeit klingelte allerdings schon wieder mein Wecker. Der dünne Kaffee beim Frühstück war nun auch nicht wirklich zum Wachmachen geeignet. Das Frühstück war insgesamt eher durchschnittlicher internationaler Standard mit lokalen Besonderheiten wie Fladenbrot, Foul und Hummus.

Gegen 10:00 versammelte sich die Gruppe im Foyer um schließlich grüppchenweise den Bus zu besteigen. Ich blieb noch etwas länger draußen. Einerseits um meinen Vater anzurufen und andererseits um dem GPS-Logger die Gelegenheit zu geben, sich auf die Satelliten einzustellen.

Interessanterweise hat er dann das Signal bis auf die Toilette beim Mittagessen nirgendwo verloren, egal ob im Bus, im Museum oder an sonstigen kritischen Stellen. Ob die GPS-Satelliten im Krisengebiet Nahost stärker funken?

Amman

Was uns beim Verlassen des Hotels auch auffiel, war das Militärfahrzeug mit MG und Soldaten an der Straßenkreuzung. Auch das Marriott, das wir kurze Zeit später passierten, war ähnlich streng bewacht. An unserem Hotel stiegen auch noch einige Militärs in PKWs. Was man eigentlich bei uns nicht sieht, dass Offiziere Offiziersstöcke und stilisierte Reitpeitschen herumtragen. Allerdings war meine Annahme, dass es sich um jordanische Offiziere handelte, falsch. Herr Flender meinte am nächsten Tag, als wir uns über den zunehmenden Auftrieb von Militärs aus verschiedenen Ländern im Hotel unterhielten, dass es sich um Engländer handelte. Später recherchierte ich dann, dass in der Woche in Amman die SOFEX stattfand, eine Militärausstellung oder Messe.

Bei der Fahrt durch Amman bestätigte sich, was wir bereits nachts erahnen konnten: Baustellen überall. Herr Flender erklärte, dass man sich bemühe, Amman ein neues, modernes Gesicht zu geben. Oder überhaupt ein Gesicht. Neben den Baustellen ist Amman geprägt durch die hügelige Landschaft, auf der die Stadt liegt, durch die beige-graue Farbe der Gebäude, die aus dem benutzten Steinmaterial resultiert, und durch die Unstrukturiertheit. Der Verkehr hält sich einigermaßen in Grenzen (zumindest im Vergleich zu ein paar anderen Städten, die mein Bild von Verkehr in Großstädten geprägt haben).

Amman
Blick über die Stadt und die Landesflagge

Auf dem Weg durch die Stadt stellte sich unser Reiseleiter, Herr Flender, auch noch etwas ausführlicher vor. Womit mal wieder klar wurde, warum Studiosus bei Studienreisen erste Wahl ist. Als studierter Archäologe und Theologe, der selbst auch in Jordanien und der Türkei gegraben hat und noch gräbt, hat er natürlich einen ganz anderen Background, um über Geschichte und Kultur gerade in dieser Region zu erzählen. Und das tat er auch auf eine erfrischend lockere und undogmatische Art, so dass es immer interessant war und Spaß machte, zuzuhören. Das war sicherlich eines der Highlights der Reise. Später dann auf längeren Busfahrten hatte er immer Geschichten zu erzählen. Faszinierend dabei war zum einen, dass er manchmal den geraden Erzählpfad verließ, scheinbar auf ein ganz anderes Thema kam, das sich aber nach einer Weile als Ergänzung oder Erläuterung zum eigentlichen Thema herausstellte, und er schließlich zielgenau das Ursprungsthema weiterführte. Auch konnte er immer wieder Bezüge oder Vergleiche zur heutigen Zeit herstellen. Man merkte, dass all das nicht einfach angelesen, sondern erarbeitetes und durchdachtes Wissen ist. Ich war ehrlich beeindruckt von seinem Wissen und seiner Art es zu vermitteln!

Unser erstes Ziel an diesem Morgen war die unter dem letzten König gebaute King Abdullah Moschee. In einem Reiseführer hatte ich ein Bild gesehen, auf dem die Moschee von erhöhter Position fotografiert worden war. Dort sah es so aus, als läge der Komplex in einer Ebene. Tatsächlich ist dem nicht so.


Es wäre auch schwierig, da es in Amman so etwas wie eine Ebene nicht zu geben scheint. Tatsächlich liegt natürlich der Hauptbau der Moschee auf ebenem oder eingeebnetem Gelände, der Gesamtkomplex liegt aber insgesamt an einem Hang. Man betritt das Gelände talseitig. In einem kleinen Innenhof befinden sich Souvenirgeschäfte. Ein Zeichen dafür, dass hier des öfteren Besucher nicht nur zum Beten vorbeikommen. In einem Nebenraum erhalten die Frauen schwarze Umhänge, die auch die Kopfbedeckung durch eine Kapuze mit einschließt. Selbst Johanna, die sich eigentlich strikt weigert, solche „Verkleidungen“ anzuziehen, bekommt eine. Vom Innenhof aus geht es über Treppen hinauf zum Hauptbau der Moschee. Dieser ist ein runder Kuppelbau, der in einem hellen Blau gehalten ist.

King Abdullah-Moschee
King Abdullah-Moschee
King Abdullah-Moschee
Die Reisegruppe in korrektem Outfit im Eingangsbereich der Moschee

Das Innere der Moschee war, bis auf zwei Wächter, die irgendwo an der Wand dösten, völlig menschenleer. Ausgelegt ist der Raum mit einem dicken roten Teppich, in den die Gebetsreihen eingewebt sind. Licht erhält der Innenraum durch Fenster im Obergaden, die bunt verglast sind. Zudem durch einen Lampenkranz, dessen Durchmesser etwa dem Durchmesser der eigentlichen Kuppel entspricht. Die Kuppel über dem Obergaden ist blau ausgemalt. Von der Spitze jedes Fensters läuft ein gelb-goldener Streifen in Richtung Zenit der Kuppel. Allerdings vereinigen sich diese Streifen paarweise. Im Zentrum der Kuppel befindet sich dann so etwas wie eine Sonnenscheibe.

King Abdullah-Moschee
Das Innere der Moschee

Weiter ging es dann zum Zitadellenhügel.

Der Verkehr in Amman ist zwar teilweise dicht, aber längst kein Vergleich mit anderen Großstädten. Es wird recht diszipliniert gefahren. Wenn nur zwei Spuren da sind, fahren auch nur zwei Reihen Autos. Wie wir später erfuhren, dienen die zahlreichen Polizeikontrollen auf den Landstraßen und Highways einer sehr strengen Geschwindigkeitskontrolle. Der Fahrzeugbestand ist nun auch nicht der schlechteste. Und unser Fahrer Abu Mohammed kurvte den großen Reisebus sicher und ruhig durch die engsten Stellen.

Zitadellenhügel

Auf dem Zitadellenhügel waren wir fast die einzigen Besucher. Auf dem doch recht weitläufigen Gelände über der Stadt verteilen sich die Ruinen mehrerer Jahrhunderte. Der römische Herkules Tempel, die byzantinische Kirche, der Qasr und schließlich der omayyadische Palast bilden die Schwerpunkte.

Zitadellen- oder Herkulestempel
Zitadellen- oder Herkulestempel
Reste der byzantinischen Kirche
Reste der byzantinischen Kirche

Qasr
Qasr
Omayyadischer Palast
Reste des omayyadischen Palastes

Vom Rande des Hügels, gerade auch von der Nordterrasse hatten wir auch einen guten Blick, nicht nur über verschiedene Stadtviertel, sondern etwas auch in das Treiben auf den Straßen. Was uns auch schon während der Fahrt aufgefallen war, konnte man auch von hier oben beobachten: sehr viele Frauen tragen mindestens ein Kopftuch. Oft erinnert die Kleidung an die malaysischer muslimischer Frauen. Sprachen die Reiseführer noch von eher westlich orientierter Kleidung, so scheint bei den Frauen hier in Jordanien sich eine Änderung zu vollziehen, ob freiwillig oder gezwungen, sei dahingestellt. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

Das kleine archäologische Museum auf dem Hügel birgt Fundstücke aus mehreren Jahrtausenden, von der Steinzeit bis zur islamischen Zeit. Mit die interessantesten Stücke sind die Teile der kupfernen Qumram-Rolle, die als Halbröhren auf mehrere Vitrinen verteilt sind.

Qumran-Rolle
Teile der Kupfernen Qumran-Rolle vom Toten Meer
Tyche
Haupt der Stadtgöttin Tyche von Philadelphia

Von der Südseite des Zitadellenhügels konnten wir unten im Tal das Forum, das Odeum und insbesondere das große Theater, das in den gegenüberliegenden Hang hinein gebaut ist, betrachten.

Mittagessen in der „Windmühle“

Zum Mittagessen fuhren wir in ein Restaurant etwas am Rand der Innenstadt, das von außen erst mal klein aussah, aber einen riesigen Gastraum hatte, teilweise offen und mit einem Stoffzeltdach überspannt. Hier waren eigentlich mehr Touristen als an den bisherigen Besichtigungspunkten. Allerdings auch recht viele Einheimische. In jedem Tisch war in der Mitte eine große runde vertiefte Messingplatte mit Verzierungen eingelassen, in die die verschiedenen Vorspeisen gestellt wurden. Eigentlich haben diese flachen Schüsseln dazu gedient, das Nationalgericht Mansaf aufzutürmen. Mit den zahlreichen Vorspeisen waren wir aber ausreichend versorgt. Johanna bestellte außerdem noch Mixed Grill, das mit mehreren Lagen sehr dünner Fladenbrote, gegrillten Hähnchenstücken und Hackfleischstücken, Tomaten und Pommes Frites kam. Davon bekam ich auch noch einen Teil ab. Als Getränk bestellten wir einen Limetten oder Zitronensaft mit Minze. Die Minze war dabei hineingemixt und konnte so mitgetrunken werden. Witzigerweise bezog sich der Name des Restaurants „Windmühle“ auf die Geschichte von Don Quichotte. Überall waren Scherenschnittzeichnungen des spanischen Ritters und seines Begleiters Sancho Panza zu sehen, sie stellten quasi das Logo des Lokals dar.

Das Fladenbrot wurde zumindest teilweise von einer älteren, recht fülligen Frau zubereitet, die im Vorraum des Lokals mit ihrem Equipment auf dem Boden saß. Neben der Teigschüssel und einer Platte zur Vorbereitung der Teigfladen war dies insbesondere eine konkav gewölbte, ja fast kugelsegmentartige und mit Gas beheizte Metall“platte“. Auf diese wurde die flache Teigscheibe dann zum Backen gegeben.

Fahrt zum Toten Meer / Holiday Inn Dead See

Nach dem Mittagessen fuhren wir hinunter an das Tote Meer. Einen Zwischenstopp legten wir an der „Nulllinie“ ein. Dort also, wo die Höhenlinie des Meeresniveaus verläuft.

Meereshöhe
Punkt der Unterschreitung des Meeresspiegels

Von hier aus ging es noch fast 400m weiter nach unten. Was nicht überraschend war, fuhren wir das Holiday Inn Dead Sea an, das wir uns ja auch für unsere Verlängerungstage herausgesucht hatten. Das Holiday Inn ist ziemlich neu und liegt am tiefsten und nördlichsten der Hotels hier unten. Da wir am Ende der Reise eh wieder in das Holiday Inn zurückkehren sollten, verschieben wir die Beschreibung dahin,

Jedenfalls ist das Hotel auf Kurzzeit-Badegäste eingerichtet. Überhaupt kein Problem, dass da eine Gruppe nur zum Baden vorbei kommt. Wie wir bei unserer Verlängerung feststellen sollten, gilt das an den Wochenenden in verstärktem Maße. Viele Einheimische bevölkerten da die Poollandschaft. Auch gibt es mehrere Umkleideräume bei den Pools. Ein Teil unserer Gruppe nutzte die Gelegenheit zu einem Bad im Toten Meer. Wir verzichteten darauf, sollten wir doch später dazu noch mehr Zeit haben. Dennoch stiegen wir hinunter zum kleinen Strand. Dazu galt es zunächst mehrere Ebenen des Hotels mit Pools, Terrassen und Palmenplätzen zu überwinden, bis wir schließlich am Strand ankamen. Der fällt allerdings auch noch mal steil ab hinunter zu Wasser. Die Uferlinie ist nicht besonders lang, reicht aber wohl völlig aus, da die meisten Gäste nur zu einem kurzen Bad herunter kommen. Wenn wir auch nicht baden wollten, so streckten wir zumindest die Füße in’s Wasser. Zum „Auf dem Wasser gehen“ reichte der Auftrieb zwar nicht, aber man spürte schon etwas von der öligen Konsistenz hervorgerufen durch die hohe Salzkonzentration. Entgegen einigen Schilderungen in Reiseführern, die von einer Brühe sprachen, war das Wasser allerdings völlig klar. Ein kurzer Geschmacktest ließ mich erahnen, dass man von dem Wasser besser nichts in Augen oder Mund bekommen sollte.

Obwohl es an dem Tag etwas diesig war, konnte man dennoch bis an das andere Ufer schauen und dort die israelischen Berge erkennen.

Nach diesen ersten Eindrücken stiegen wir wieder hinauf bis auf die unterste Terrasse, wo sich ein Barpavillon, und rund herum Sonnenschirme und Sitzgruppen befanden. Dort hatte sich auch schon ein anderer Teil der Gruppe zusammengesetzt. Und hier gab es auch ein einheimisches, in Lizenz von Amstel gebrautes Bier aus dem Zapfhahn. Das schmeckte uns richtig gut und sollte in den folgenden Tagen noch das ein oder andere Mal Anlass zu Diskussionen in Hotels und Restaurants geben.

Herr Flender hatte ja auf der Herfahrt angekündigt, dass er ein Getränk ausgeben wolle. Hierzu zogen wir an die Poolbar um, wo die meisten auf Empfehlung von Herrn Flender dann einen Arrak bestellten. Bei der anschließenden Vorstellungsrunde nannte jeder zumindest mal seinen Namen und Herkunftsort. Es gibt zwar bei Studiosus noch die Teilnehmerlisten, die wir auch erhalten hatten. Allerdings dürfen diese aus Datenschutzgründen keine Wohnorte mehr enthalten.

So gestärkt und langsam etwas vertrauter mit den anderen Mitreisenden fuhren wir wieder zurück nach Amman in unser Hotel.

Mittlerweile war es doch recht spät geworden, so dass es bis zum Abendessen im Hotel gerade mal für eine Dusche reichte.
Abendessen gab es in dem Buffetrestaurant, wo wir auch schon unser Frühstück eingenommen hatten. Die Vorspeisen enthielten eine landestypische Auswahl mit Salaten, Oliven, verschiedenen Crémes, wie Hummus, und natürlich Fladenbrot. Eigentlich konnte man sich daran sattessen. Insbesondere auch, weil die Hauptgerichte nun nicht unbedingt meine Begeisterung erweckten. Bei der Getränkebestellung wurde uns dann erklärt, dass es im Restaurant Bier nur von Heineken aus Dosen gäbe. Da ich mich an den Wein nicht heran traute und Heineken nur in äußersten Notfällen zu bestellen bereit bin, blieb ich bei Pellegrino. Überhaupt bestätigte sich der Eindruck vom Frühstück, dass das Personal zwar bemüht, aber eigentlich völlig überfordert ist.
Nach dem Essen suchten wir die Bar in der Lounge auf. Dort gab es zwar offenes Bier, aber wiederum nur Heineken. Amstel war auch verfügbar, allerdings nur in Flaschen mit knapp über einem Viertelliter.