Petra

Mittwoch, 12. Mai 2010

Nach den bisherigen sehr positiven Eindrücken von Jordanien ist es sicherlich unfair zu sagen, dass an diesem Tag der Programmpunkt begann, weswegen wir uns zur Reise nach Jordanien entschlossen hatten. Aber etwas Besonderes war es schon, nun unmittelbar an einem der Orte zu sein, der schon seit vielen Jahren auf der Liste der Ziele stand, die ich in meinem Leben unbedingt sehen wollte.

Petra 12. Mai

Petra Guest House
Petra Guest House
Petra Guest House

Bar des Petra Guest House - Grab el-Khan

Direkt neben dem Guesthouse befindet sich der eigentlich völlig unscheinbare Eingang. Das Wadi Musa verengt sich nur allmählich hin zum Beginn der berühmten Schlucht, Siq genannt, die den repräsentativen, aber nicht einzigen Zugang zum Stadtgebiet von Petra bildet. Dabei fällt das Gelände auf einer Strecke von etwa 500 m um fast 50 m ab. Gleich hinter dem Eingang wird der Weg in quasi zwei Bahnen geteilt. Rechts für die Fußgänger, links für die Pferde. Auf der linken Talseite befinden sich die Stallungen der Pferde. Mit der Eintrittskarte erwirbt man direkt und zwangsweise auch ein Ticket für einen Ritt zum Siq. Das war der Kompromiss als Ausgleich dafür, dass die Pferde aus Sicherheitsgründen nicht mehr durch den Siq dürfen. So bleibt den Beduinen nur, fußlahme Touristen zwischen dem Eingang und dem Siq zu befördern.

Bab es-Siq
Bab es-Siq

Touristentransport im Bab es-Siq
Bab es-Siq
Treppengrab im Bab es-Siq
Bab es-Siq
Reisegruppen auf dem Weg zum Siq

Blockgräber im Bab es-Siq
Blockgräber im Bab es-Siq

Unsere Gruppe war zwar eine der ersten, die sich an diesem Morgen auf den Weg gemacht hatte. Allerdings verloren wir den Vorsprung, da wir uns natürlich mit den bereits auf diesem ersten Abschnitt zahlreichen Gräbern und anderen in den Fels gehauenen Hinterlassenschaften der Nabatäer beschäftigten. Letztlich sind die Blockgräber und selbst das bereits eindrucksvolle Obeliskengrab nur ein Vorgeschmack auf das Folgende.


Obeliskengrab
Obeliskengrab im Bab es-Siq

Schließlich erreichten wir den Anfang zum Siq, der über einen Kilometer langen Schlucht hinein nach Petra. Die Farben der teilweise 70 m praktisch senkrecht aufragenden Felswände chargieren zwischen rot, dunkelgelb und dunkelgrau. Der Unterschied zu den eher hellgelben Felsformationen im Wadi Musa ist schon recht intensiv. Überhaupt bewunderten wir während unseren zwei Tagen in Petra immer wieder die unterschiedlichen Farben des Sandsteins, die teilweise fast unnatürlich, ja wie aufgemalt wirkten. Im Siq selbst wussten wir gar nicht, wohin wir zuerst schauen sollten. Immer wieder die senkrechten Wände hinauf auf die eindrucksvollen Felsformationen, die je nach Lichteinfall in immer neuen Farbtönen erstrahlten, auf die kleinen und größeren Steinreliefs, Votivnischen, den Wasserkanal oder die Dämme in kleinen Felsspalten, also die Spuren der Nabatäer, oder aber auf die heutigen Besucher und die zweirädrigen Kutschen, die Touristen durch den Siq transportierten. Bei all den Eindrücken merkten wir auch hier nicht, dass die Schlucht letztlich bis zur eigentlichen Stadt fast hundert Höhenmeter abfällt. Das spürte ich dafür umso deutlicher am jeweiligen Ende der beiden Tage.

Eingang zum Siq
Eingang zum Siq
Im Siq
Im Siq
Im Siq
Im Siq
Im Siq
Sandsteinformationen im Siq
Triglyphenfries im Siq
Steinblock mit Triglyphenfries, Gesichtsbetyl und Begleitidol

Kurz vor dem Abschnitt der Schlucht, in der das wohl bekannteste Denkmal Petras liegt, verengt sich der Siq nochmals auf wenige Meter Breite. Durch diesen Spalt erhascht man einen schmalen Ausschnitt auf die Khazne Firaun, dem sogenannten Schatzhaus des Pharao.

Khazne Firaun
Khazne Firaun (Schatzhaus des Pharao) vom Siq aus

Dann tritt man allerdings auf einen fast platzartig sich erweiternden Bereich des Siq der um 90° gedreht zum bisherigen Verlauf des Felsrisses liegt. Verteilten sich auf dem bisherigen Weg die Touristen noch einigermaßen, ballten sich an dieser Stelle natürlich die Besucher. Dazu kamen noch mehrere Kamele als Vordergrund-Fotomotive, die Kutschen und schließlich noch die Polizei, ebenfalls auf Kamelen. Fast schien es, dass viele Besucher überhaupt nur bis an diesen Platz kommen. Möglicherweise trifft das auf Ausflügler, deren Kreuzfahrschiffe in Akaba vor Anker gegangen waren, zu.

Kamele vor der Khazne Firaun
Kamele und Touristen vor der Khazne Firaun

Trotz all dem Durcheinander zog die Kazhne aber letztlich all unsere Aufmerksamkeit auf sich. Dazu ist die gewaltige, in den Felsen gehauene Grabfassade einfach zu eindrucksvoll. Und dies nicht nur aufgrund ihrer schieren Größe, sondern insbesondere wegen der damit gepaarten Eleganz.

Khazne Firaun
Khazne Firaun (Schatzhaus des Pharao)

Wer vor 2000 Jahren das Gespür hatte, an genau der Stelle dieses Bauwerk zu erreichten, dem gebührt auch heute noch Bewunderung. Wobei man durchaus diskutieren kann, ob nur wegen der künstlerischen Ausdrucksstärke der Fassade, oder dem machtpolitischen bzw. repräsentativen Gespür, das Grab ausgerechnet an dieser exponierten Stelle zu platzieren.

Ein Stück weiter durch den sogenannten äußeren Siq kamen wir zunächst zu einem Ensemble von großen Zinnen- und Treppenfassaden, die uns die überall in den Felsen gehauenen kleineren Grabfassaden fast übersehen ließ.

Äußerer Siq
Gräber mit Treppen und Zinnenfassaden im Äußeren Siq
Äußerer Siq
Grab mit Zinnenfassade im Äußeren Siq

Gleich danach öffnet sich die Schlucht wie um Platz zu schaffen für das Theater, das auf mich fast wie eine natürliche Felsformation wirkte, sind die Sitzreihen doch ebenfalls in den Fels geschnitten. An den Wänden der Schlucht konnten wir die zahlreichen einfachen Grabfassaden der Theaternekropole kaum erfassen. Für diejenigen in der Reisegruppe mit schwacher Blase bot hier erst mal auch die Gelegenheit für ein „Bio Break“. Mich wunderte schon, warum Johanna so lange nicht wieder auftauchte. Dabei hatte ich allerdings übersehen, dass neben den Toiletten sich auch ein großer Stand mit den Sandfläschchen befand. Johanna hatte die Gelegenheit genutzt, die ersten beiden Mitbringsel einzukaufen. Mit den Nachteil, dass ich die den Rest des Weges mitschleppen konnte. Wir hatten bereits unterwegs einmal an anderer Stelle gesehen, mit welcher Kunstfertigkeit im Nu aus verschiedenfarbigem Sand in der Flasche ein kleines rundum laufenden „Bild“ entsteht.

Theaternekropole
Theaternekropole
Theater
Theater

Und noch immer waren wir nicht in der eigentlichen Stadt angekommen. Erst nach einem weiteren, allerdings kurzen Stück der inzwischen stark erweiterten Schlucht, öffnete sich der Blick auf den Talkessel der eigentlichen ehemaligen Stadt Petra. Hier überwogen dann auch wieder die hellgelben Farbtöne. Südlich und nördlich wurde unser Blick durch die relativ sanft ansteigenden Hügel begrenzt, wohingegen westlich der Talkessel durch steil aufragende Felsformationen abgeschlossen wird. Erst hier wurde uns klar, warum Herr Flender am Vortag kurz erwähnte, dass wir an dem heutigen Tag so etwa 16 km zurücklegen würden. Obwohl ich ja einiges über Petra gelesen hatte, wurde aus all diesen Beschreibungen, die sich ja oft mit einzelnen Denkmälern beschäftigen, die Weitläufigkeit des Gesamtgebietes von Petra nicht klar.

Talkessel von Petra
Talkessel von Petra

Auch aus diesem Grund legten wir an dieser Stelle erst einmal eine Verschnaufpause in einem der offenen Zelte ein, in denen Tee, Kaffee und Getränke zu bekommen waren. Zwar entschieden sich die meisten für Tee, aber mir war der arabische Kaffee dann doch lieber.

So gestärkt konnten wir den nächsten Abschnitt von Petra in Angriff nehmen. Jetzt ging es auf der Säulenstraße entlang der nun allerdings recht spärlichen Reste des Stadtzentrums. Zum Teil ist das Fortkommen recht anstrengend, da man hier streckenweise in tiefem Sand laufen muss. Das ist ein Gefühl wie eine Wanderung am Strand. Hier unten im Tal dominierten nun auch als Transportmittel die Kamele. Dazwischen aber auch zahlreiche Esel, die sich allerdings eher auf die Steilstrecken in den Seitentälern konzentrierten. Durch das Stadttor hindurch und an dem erst vor einiger Zeit ausgegrabenen und nicht zweifelsfrei zuordenbaren Großen Tempel erreichten wir schließlich kurz vor den wieder aufragenden Felswänden den Qasr el-Bint Firaun, das am besten erhaltene nabatäische Bauwerk hier in Petra.

Stadttor
Stadttor
Großer Tempel
Großer Tempel

Qasr el-Bint Firaun
Qasr el-Bint Firaun

Hier galt es für die Teilnehmer der Reisegruppe wichtige Entscheidungen zu treffen. Eigentlich stand nun der Aufstieg zur größten der Grabfassaden, ed-Deir, an. Dazu sind aber 800 Stufen und 200 Höhenmeter zu überwinden. Also boten die Reiseleiter verschiedene Alternativen an. Wer gar nicht mehr weiter wollte konnte sich Abu Hamad anschließen und noch den auf der nördlichen Seite des Talkessels liegenden Löwen-Greifen-Tempel und die Reste der gleich daneben liegenden Kirchen besichtigen, bevor es dann individuell zurück zum Hotel gehen sollte. Allen Unverdrossenen wurde anheimgestellt, in eigenem Tempo hinauf zu ed-Deir zu gehen. Herr Flender versprach sich dort auch einzufinden und die Führung fortzusetzen. Gleich hinter dem Qasr el-Bint befinden sich zwei Restaurants, wo wir allerdings erst mal wieder eine Rast einlegten. Ein anderes Ehepaar und wir wollten nur etwas trinken. Während die Frau sich, genau wie Johanna, der ersten Gruppe anschließen wollte, verabredeten sich der Mann und ich mit Herrn Flender, um gemeinsam nach ed-Deir hinauf zu gehen.

Johanna hatte allerdings noch ein etwas anders Programm im Sinn. Sie machte zwar noch die Besichtigung des Tempels und der Kirchen mit, ließ sich dann aber von Abu Hamad ein Kamel samt Führer organisieren, mit dem sie den Weg bis zum Siq zurücklegte. Nach der Durchquerung des Siqs entschloss sie sich auch noch, die Strecke bis zum Hotel auf dem Rücken eines Pferdes zurückzulegen.

Währenddessen begannen wir zu dritt den Aufstieg in die kleine Schlucht gleich hinter den Restaurants. Bereits ziemlich am Anfang machten wir einen kurzen Abstecher zum Löwentriklinum.

Schlucht nach ed-Deir
Schlucht mit Treppenweg nach ed-Deir
Löwentriklinum
Löwentriklinum

Der weitere Weg nach oben zieht sich zwar, ist aber eigentlich nicht sehr schwierig, außer dass man ständig den Eseln und ihren Hinterlassenschaften ausweichen musste. Auf den Treppenabsätzen gab es auch immer wieder kleine Souvenirstände der ortsansässigen Beduinen. Ein Paar aus unserer Gruppe kam uns schon wieder entgegen. Bei der kurzen Unterhaltung erzählte mir er, dass er wegen seiner Knieprobleme auf das letzte Stück ganz hinauf auf die Felsen verzichtet hätte. Die ungewollte tragische Ironie dieser Bemerkung kam erst am Abend heraus. Das Fotografieren verschob ich erst mal auf den Rückweg, in der Hoffnung, dass dann die Sonne aus einer fotografenfreundlicheren Richtung scheinen würde. Potenzielle Motive gab es genügend. Wobei senkrecht nach unten abfallende Schluchten und Einschnitte doch eine gewisse Nervosität auslösten.

Schließlich erreichten wir den Platz vor der gewaltigen Grabfassade von ed-Deir. Die Größe der Fassade wird einem erst bewusst, wenn man Menschen im Eingang stehen oder sitzen sieht und hierzu selbst auf der gegenüberliegenden Seite des vorgelagerten Platzes genauer hinschauen muss.

Zunächst aber suchten wir die anderen Reisenden, wo wir doch der Meinung waren, dass viele Mitreisende schon lange vor uns aufgestiegen waren. Nur wenige fanden sich im Rasthaus. Also machten wir uns mit Herrn Flender gleich auf den Weg noch weiter nach oben. Plötzlich murmelte Herr Flender so etwas wie „alles byzantinische Scherben“. Erst jetzt wurde uns bewusst, dass der Boden bedeckt war mit zahllosen Keramikscherben. Was wohl keiner für möglich gehalten hatte, war die Tatsache, dass es sich hierbei tatsächlich um etwa 1500 Jahre alte Scherben aus byzantinischer Zeit handelte. Da musste ich natürlich auch ein paar einsammeln.

Oberhalb von ed-Deir gibt es zahlreiche Stellen, an denen man einen weiten Blick über die umliegende Landschaft und insbesondere über das Jordantal hinüber nach Israel hat. Eigentlich ist dabei jeder Punkt so gut wie der andere. Trotzdem findet man überall handgemalte Schilder und aus Steinen errichtete Wegweiser zu DEM Aussichtspunkt. Auf dem Weg zu einem DER Aussichtspunkte sammelten wir noch einige weitere Mitreisende unserer Gruppe ein, bevor wir schließlich zusammen den grandiosen Blick über die Gebirgslandschaft und hinunter auf die Ebene genossen.

Landschaft bei ed-Deir
Blick oberhalb von ed-Deir über die Landschaft
ed-Deir
ed-Deir (Kloster)

Während die anderen wieder zurück zum Rasthaus gingen, stieg ich noch teilweise auf eine Felskuppe hinauf, weil sich von dort ein etwas überhöhter Blick direkt auf die Fassade von ed-Deir eröffnete. Schließlich fanden sich fast alle, die den Aufstieg überhaupt angegangen waren, in gemütlicher Runde im offenen Rasthaus ein.

ed-Deir
ed-Deir (Kloster)

Nach einigen weiteren Fotos schaute ich noch kurz am Eingang des Grabes vorbei. Erst da wurde klar, dass die steinerne Eingangsschwelle fast brusthoch war. Ich verzichtete auf zusätzliche sportliche Übungen und machte mich auf den Rückweg. Inzwischen schien die Sonne halbwegs aus der richtigen Richtung und in nachmittäglichem Farbton, so dass ich den einen oder anderen Fotohalt einlegte. Dennoch war ich recht flott wieder unten im Tal, wo ich es dann nicht lassen konnte, so lange vor den Resten des Tores auf der Säulenstraße zu warten, bis ich endlich ein paar Bilder ohne Touristen machen konnte.

Schlucht nach ed-Deir
Die Schlucht nach ed-Deir in Richtung Talkessel von Petra

Dann begann der lange Rückweg durch tiefen Sand, am Theater vorbei in den Siq. Spätestens da wurde mir auch körperlich bewusst, dass der ganze Weg ständig nach oben verläuft. Dennoch gönnte ich mir den einen oder anderen Stopp, um die nun im Abendlicht erstrahlenden Felsformationen zu bewundern. Das letzte Stück vom Eingang des Siq zurück zum Hotel ging ich fast auf dem Zahnfleisch. Dort angekommen lachten mir schon einige aus der Reisegruppe von der Bar aus entgegen. Obwohl ich Durst ohne Ende hatte, suchte ich erst mal unser Zimmer auf und fand Johanna gemütlich auf dem Bett liegend vor, wo sie mir nicht nur von ihrem Kamel- und Pferderitt erzählte, sondern auch davon, dass eben der Mitreisende, dem ich beim Aufstieg nach ed-Deir begegnet war, auf dem Weg nach unten gestürzt sei, sich eine Platzwunde eingehandelt habe und jetzt beim Arzt sei. Zum Glück war nichts Schlimmes passiert, wie sich später herausstellte.

Ich jedenfalls ging erst mal wieder hinunter in unsere Cave Bar und löschte meinen Durst nun endlich mit kühlem und frisch gezapftem Bier. Dabei erzählte ich Herrn Flender von unserem Unfallopfer, worauf er sich erst einmal beim Hotelpersonal erkundigte, was eigentlich vorgefallen war. Einige Zeit später kamen unser Verletzter und seine Begleitung wieder zurück. Er mit einem riesigen Pflaster auf der Stirn. Einige Tage später am Toten Meer erzählte er uns dann, dass ihn ein Hotelangestellter, der wohl nebenbei auch Taxi fährt, zu einem Arzt gebracht habe.

Beim späteren Abendessen und anschließend wieder in der Bar unterhielten wir uns lange mit Dr. Feras Abu Hamad, unserem jordanischen Reiseführer. Hauptberuflich ist er eigentlich Zahnarzt und arbeitet in einer Klinik in Amman. Medizin hat er in der Ukraine studiert, weshalb er auch in seinem Nebenjob als Reiseleiter mit seinen Russischkenntnisse wirbt. Der 34 Jährige ist mit einer Frau verheiratet, deren Familie in Israel lebt. Ganz stolz berichtete er immer wieder von seinem kleinen, einjährigen Sohn. Überhaupt kümmerte er sich während der Reise nicht nur im Hintergrund um die Organisation, sondern vergewisserte sich auch immer wieder bei den Reisenden, dass auch alles in Ordnung sei. Die Gespräche mit ihm fand ich auch deshalb immer interessant, weil er uns Einblicke in die Verhältnisse in Jordanien und die Situation der Menschen gab. Sehr deutlich sollte das am folgenden Tag werden, wo wir abends ein Abendessen bei Beduinen hatten. Aber davon später.

Donnerstag, 13. Mai 2010

Bereits vor Antritt der Reise hatte sich Johanna Alternativen für den zweiten Tag in Petra überlegt. Nicht weil sie es nicht interessierte hätte, aber eine zweite Wanderung mit der nun auch gefühlten Höhendifferenz wirkte abschreckend. Ursprünglich hatte es im Katalog als Alternativprogramm nur einen Kochkurs gegeben. In unseren Reiseunterlagen war dann allerdings auch von einer Jeeptour die Rede. Danach hatten wir uns schon bei unseren Reiseleitern auf dem Weg nach Petra erkundigt. Und als wir in Petra angekommen waren, war der Ausflug für Johanna auch schon organisiert. Ein paar andere Mitreisende hatten sich das, insbesondere nach den Anstrengungen am ersten Tag, auch überlegt. Letztlich blieb Johanna aber alleine. Eigentlich war vorgesehen gewesen, dass sie gegen 8:30 Uhr abgeholt würde, während die Unentwegten schon gegen 8:00 Uhr wieder nach Petra aufbrechen wollten. Einige andere hatten sich für individuelle Alternativprogramme entschieden. Während wir also vor dem Hotel auf das Zeichen zum Aufbruch warteten, sah ich Johanna vorbeihuschen. Wie ich abends dann erfuhr, war sie bereits etwas früher abgeholt worden.

Petra 13. Mai

Das Programm der Petra-Wanderer sah erst einmal den Aufstieg zum Gipfel des Zibb Atuf mit dem Großen Opferplatz vor. Alleine oder in Kleingruppen machten wir uns daher erst einmal auf den Weg zum Sammelpunkt vor dem Theater, wo der Treppenweg nach oben beginnt. Ich gesellte mich zu dem Mann, mit dem und seiner Frau wir schon des Öfteren in den Hotelbars zusammen saßen und mit dem ich auch schon auf dem Weg nach ed-Deir zusammen war. Es stellte sich heraus, dass er vor seiner Pensionierung IT-Leiter war und für sein letztes Unternehmen auch ein ERP-System hatte entwickeln lassen, weil SAP die entsprechende Funktionalität für die Schuhbranche Ende der 80er Jahre noch nicht bieten konnte. So hatten wir schnell ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden, das uns bis zum Treffpunkt mit dem Rest der Gruppe gefangen hielt.

Großer Opferplatz
Reiseleiter Flender auf dem Großen Opferplatz

Der Aufstieg zog die Gruppe wieder auseinander, da in kürzester Zeit etwa 100 Höhenmeter zu überwinden waren. Als schließlich die letzten ganz oben angekommen waren, waren einige bereits nach vorne an die Spitze des Felsrückens gegangen, wo man einen Rundblick über das Tal von Petra, aber auch die südlichen Wadis hatte. Herr Flender rief uns nochmal ein Stück zurück zum Großen Opferplatz, um dessen Bedeutung zu erläutern. Herrlich seine Analogie zwischen dem Opferritual, bei dem die Teilnehmer schließlich das Fleisch des Opfertieres bekamen, und dem heutigen männlichen Ritual, beim ersten Sonnenschein den Grill anzuwerfen, um große Steaks zu braten.

Etwas unterhalb des Gipfelplateaus fanden wir ein Teezelt, das von einem kleinen Jungen gemanagt wurde. Herr Flender gab erst mal eine Runde Tee für alle aus. Für diejenigen, die später Hunger haben sollten bestellte Abu Hamad inzwischen telefonisch ein Lunchpaket in dem Teezelt, wo wir auch am vorigen Tag bereits Rast gemacht hatten.


Sandsteinformation
Sandsteinformation in der Farasa-Schlucht

Dann ging es auf der südlichen Seite hinunter in die Farasa-Schlucht. Auf dem ganzen Weg nach unten und in der Farasa-Schlucht faszinierten nicht nur die nabatäischen Hinterlassenschaften, sondern ganz besonders auch die Felsformationen, deren Sandstein nicht nur die verschiedensten Rottöne annahm, sondern auch Streifen zahlreicher anderer Farben, wie Weiß und Gelb. Dabei sahen viele Stellen nicht einfach wie bunte Gesteinsschichten aus, sondern man hatte den Eindruck, als wären die Felsen regelrecht bemalt. Die Farben und Formen der Sandsteinfelsen hier hatte ich so auch noch nirgends gesehen.
Beim Löwenrelief hatte eine uralte Beduinenfrau ihren kleinen Stand mit den üblichen Anhängern, Ketten und anderen Souvenirs. Offensichtlich hatte sie ein Augenleiden. Herr Flender fragte kurz in der Gruppe nach Augentropfen, wurde fündig, worauf hin Abu Hamad der Frau die Tropfen überreichen konnte.


Unten am Fuß der Schlucht angekommen fanden wir uns mitten in einem Ensemble aus einem unbenannten würfelförmigen Grab, dem Gartengrab schluchtauswärts und schließlich dem Statuengrab noch ein Stück weiter aus der Schlucht heraus. Hinzu kam dann noch der sog. Bunte Saal, der das zum Statuengrab gehörige Triklinum darstellt. Obwohl die Farasa-Schlucht damit auf jeden Fall die Anstrengung des Weges wert ist, waren wir hier fast alleine. Nur wenige andere Touristen hatten den Weg hierher gefunden.

Grabbau
Grabbau am Ende der Farasa-Schlucht
Gartengrab
Gartengrab

Statuengrab
Statuen- oder Soldatengrab
Bunter Saal
Bunter Saal/Triklinum

Das östliche Wadi Farasa mündet schließlich in das Tal von Farasa. Auch auf dem Stück hierher sind die Felswände übersät mit weiteren Grabfassaden, allerdings nicht so spektakulär, wie tiefer in der Schlucht. Bemerkenswert war aber doch der riesige, durch ein Erdbeben abgebrochene und abgestürzte riesige Felsbrocken mit den oberen Teilen einer Grabfassade. Er liegt etwa 20° gegen die Horizontale auf dem Boden. Ober ist erkennbar, wo er hingehört hat, da man dort die übrigen Teile des Frieses erkennen kann.

Der Weg führt in einem großen Bogen um den Felsrücken herum und über die südlichen Hügel wieder hinein in das Stadtgebiet von Petra. Dabei liefen wir auch wieder über eine Schicht byzantinischer Scherben. Einige Stücke sammelte ich ein und ließ mir von Herrn Flender erklären, an welche Stelle welchen Gefäßtypus die Scherben wohl hingehörten.

Am Vortag hatten wir einen weiteren Höhepunkt Petras, die Königswand, ausgelassen. Also stiegen wir nun aus dem Tal auf der anderen Seite wieder hinauf zu der Gruppe der Gräber, von denen hauptsächlich das Palastgrab, das korinthische Grab und das Urnengrab hervorzuheben sind. Mir war klar, dass mir später ein nochmaliger Aufstieg bevorstehen würde. Gestern hatte ich die Königswand nur aus der Ferne fotografiert und jetzt stand die Sonne im Zenit. Beim Urnengrab, das einst zur Kathedrale von Petra umfunktioniert worden war, fand Herr Flender die am Vortag von ihm erwähnte detaillierte Karte von Petra, nach der ich ihn gefragt hatte. Die erwarb ich natürlich umgehend. Die Mappe mit Drucken von Roberts wolle ich nicht die ganze Zeit mitschleppen und verschob den Einkauf daher auf den Nachmittag. Der alte Beduine an dem Stand vor der Kathedrale pries auch noch ein Buch an, bei dem man das Bild des heutigen Zustandes verschiedener Bauten mit einer Folie mit Zeichnungen des extrapolierten Ursprungszustandes überdecken konnte.

Mit der Königswand war dann auch der offizielle Teil des heutigen Petrabesuches beendet. Nacheinander fanden wir uns wieder in dem Teezelt im Tal ein. Auf dem Weg dorthin unterhielt ich mich mit Herrn Flender über experimentelle Archäologie, Archäo-Metallurgie und anderes, wo er überall schon mitgearbeitet hatte. Für einen „verhinderten Archäologen“ wie mich war das natürlich unheimlich spannend.

Irgendwann unterwegs hatte mich Abu Hamad angesprochen, ob wir nicht irgendwann mal Johanna anrufen sollten, um uns zu nach ihrem Befinden zu erkundigen. Da es sich bei der Jeeptour um eine neue Veranstaltung handelte, wollte er auch sicherstellen, dass alles in Ordnung war. Also rief er nun, während ich mich mit arabischen Kaffee und Sodawasser stärkte, beim Fahrer des Jeeps an, der dann das Telefon an Johanna weiterreichte. Allerdings hatten wir einen ungünstigen Zeitpunkt erwischt, weil sich der Jeep gerade im Sand festgefahren hatte und sich der Fahrer bemühte, den Wagen wieder flott zu bekommen. Aber ansonsten war alles in Ordnung.

Talkessel von Petra
Talkessel von Petra vom El-Habis aus

Am Vorabend hatte ich mir anhand der Reisehandbücher eigentlich überlegt, wie ich denn den Nachmittag gestalten könnte, sprich, was ich mir noch alles in Petra anschauen könnte. Auch den Hinweis auf den Swimming Pool im unserem Guesthaus benachbarten Crown Plaza hatte ich in die Überlegungen einbezogen. Hier im Teezelt wurde durch einfache Rückwärtsterminierung schnell klar, dass ich an dem Programm Abstriche machen musste. Auch deshalb, weil für 18:30 Uhr Aufbruch zum Abendessen im Beduinenzelt angesagt war. Unter Berücksichtigung des Rückweges blieben gerade mal etwa zwei Stunden übrig. Nicht viel bei der Weitläufigkeit des Geländes. Als gab ich mir eine Stunde für den El-Habis Felsberg mit seiner fränkischen Festung und eine weitere Stunde für Löwen-Greifen-Tempel, byzantinische Kirchen und Königswand.

Den Weg hinauf zum El-Habis musste ich auch erst mal finden. Den Einstieg fand ich beim Qasr el-Bint. Von dort ging es allerdings nicht direkt hinauf. Stattdessen musste ich erst den Hügel hinter dem Qasr el-Bint aufsteigend umrunden. Über einen Sattel zwischen zwei Hügeln kam ich wieder an die Felswand heran. Den Anfang des Treppenweges kennzeichnete schließlich eine Erläuterungstafel. Auf halbem Weg hinauf galt des nun einen Einschnitt zwischen zwei Treppenabschnitten zu überwinden. Die Brücke bestand nur aus ein paar dicken Holzdielen. An solchen Stellen wird mir immer etwas mulmig. Den Weg ganz nach oben auf den Gipfel fand ich dann nicht. Irgendwann waren Treppen, Weg und Geröll nicht mehr zu unterscheiden, so dass ich sicherheitshalber auf einen weiteren Aufstieg verzichtete. Aber auch so hatte ich von der Höhe her nicht nur einen guten Einblick in die westlichen Wadis hinter el-Habis, sondern auch eine wieder andere Perspektive vom Tal und den gegenüberliegenden Felsen mit all den Gräbern. Nach diversen Fotos und Filmsequenzen machte ich mich wieder an den Abstieg, um bei einem der Restaurants unten erst mal wieder Wasser und Soda einzukaufen.

Anschließend ging es auf die andere Talseite mitten durch die Esel und Kamele durch, die hier ihre Basisstation haben. Dort erklimmt der Weg einen Hügel und führt direkt zum Löwen-Greifen-Tempel, der seinen Namen wegen der hier gefundenen Säulenkapitelle trägt. Weiter ging es zu den Überresten von drei Kirchen.

Die oberste ist ob ihrer vier Säulen aus hellblauem Granit im ehemaligen Innenraum der Kirche bemerkenswert. Die Farbe der Säulen kontrastiert extrem auffällig zu den sonst vorherrschenden Farbtönen, mögen die auch noch so vielfältig sein. Die größte der drei Kirchenruinen ist mit einem Wetterdach geschützt. Dieser Schutz gilt insbesondere den Mosaikfußböden in den beiden Seitenschiffen.

Zum Glück kommt man von hier oben an den Hügeln entlang ohne große Auf- oder Abstiege hinüber bis zur Königswand. Ein kleines Wadi wird durch einen Steg überbrückt. Diesmal nicht aus Holzbohlen, sondern aus Stahl, wobei allerdings die Lauffläche aus einem zwar dicken, aber sehr grobmaschigen Stahlgewebe bestand. Kurz vor der Königswand kam ich an einem der zahlreichen Mini-Souvenirstände vorbei. Eine Frau mit zwei Kindern betreute den Stand und frage, woher ich den käme. Nach meiner Antwort, fragte sie mich, ob ich ihr 10 € in Dinar wechseln könnte. Allerdings hatte ich nur noch einen 50 Dinar-Schein mit, den die Frau mit all ihren Einnahmen nicht wechseln konnte. Während der ganzen Diskussion knabberten die Kinder irgendwelche Körner wobei die Schalen laufend ausgespuckt wurden.

Königswand
Die Königswand
Königswand
Königswand - Palastgrab und Korinthisches Grab
Urnengrab
Urnengrab

Zur Königswand war ich ja nur wegen der fehlenden Bilder bei richtiger Beleuchtung nochmal gekommen. Insofern konnte ich schon bald wieder hinunter ins Tal steigen, um den letzten Programmpunkt, den Einkauf diverser Mitbringsel, zu erledigen. Am ersten Stand fand ich die Roberts-Drucke, die hier unten sogar zwei Dinar billiger waren, als oben beim Urnengrab. Ein paar Meter weiter bot mir eines der Beduinenkinder Leporellos mit Petra-Bildern an. Eigentlich wollte ich wie üblich ablehnen. Allerdings machte mich stutzig, dass die Kleine von Postkarten gesprochen hatte. Also ließ ich mir das Leporello auspacken und stellte fest, dass es sich tatsächlich um zusammenhängende Postkarten handelte. Also hatte ich für einen Dinar meinen nächsten Einkauf erledigt. Schließlich brauchte ich noch zwei der berühmten Sandfläschchen, von denen Johanna am Vortag bereits zwei eingekauft hatte. Für diese schien ein Stand im gesamten Gelände das Monopol zu haben. Lediglich bei der byzantinischen Kirche lagen welche aus. Allerdings war dort niemand, bei dem man sie hätte erwerben können. Es tummelte sich gerade eine französische Gruppe auf dem Stand während einer der Verkäufer laut die Happy-Hour ausrief. Nun, die brachte mir immerhin einen Rabatt von zwei Dinar für meine beiden ausgesuchten Stücke ein.

So behängt mit Einkäufen konnte ich mich auf den Rückweg machen. Bei der Kahzne packte ich dann meine Kamera doch noch mal aus, das gerade Abendlicht von der Seite auf die Fassade fiel und diese rosa leuchtete. Ein Stück weiter an dem Felsblock mit dem Gesichtsbetyl und dem Baum daneben verbrachte ich nochmal einige Zeit damit zu warten, bis mir endlich niemand im Bild herum turnte.

Der restliche Rückweg war gewohnt anstrengend und am Hotel angekommen wäre ich am liebsten in die Bar eingefallen, da sich aber niemand aus der Gruppe dort befand, rief ich erst mal im Zimmer an, ob den Johanna schon wieder zurück wäre. Sie war und hatte ihr Bier auch schon getrunken. So musste ich mich erst mal auf später vertrösten. Johanna war erst etwa eine halbe Stunde vorher von ihrer Tour zurückgekommen, von der sie ganz begeistert berichtete. Ihre Bilder von Klein-Petra, dem Weg hinunter in die Ebene durch die Berge und Geröllwüste und schließlich die Sandwüste unten in der Ebene ließen ihre Begeisterung verstehen. Eine kleine Auswahl von Johanna's Bildern kann man hier sehen. Ihr Fahrer hatte zwischendurch auch Tee gekocht und unter einem Baum auf offenem Feuer in einem Kessel ein Mittagessen zubereitet.

Vor dem Aufbruch nahmen wir dann doch noch ein Bierchen in der Bar.

Gegen 18:30 Uhr ging es dann mit zwei Minibussen los. Wir fuhren ein paar Kilometer weg vom Wadi Musa auf derselben Strecke, die auch Johanna am Morgen schon gefahren war. Irgendwann ging es auf einem Schotterweg ins Gelände. Von Zelten oder sonstigen Gelegenheiten für ein Abendessen war weit und breit nichts zu sehen. Auf einer etwas größeren Schotterfläche machten die Busse halt. Von dort aus liefen wir einen Schotterweg den Hang hinunter, wo hinter einer Biegung das große Beduinenzelt auftauchte. Davor waren einige Leute bereits eifrig mit dem Grillen von Fleischspießen befasst. Endlich gab es mal was Gegrilltes. Das Fleisch von den Buffets war ich irgendwie leid.

Das Innere des Zeltes war mehr oder weniger in Längsrichtung zweigeteilt. Im hinteren Bereich waren entlang der Außenwände Sitzkissen aufgereiht. Im vorderen Teil war auf der einen Seite das Buffet schon teilweise aufgebaut, während auf der anderen Seite eine Reihe Plastikstühle stand. Die wurden später auch von einigen in Anspruch genommen. Es ist halt nicht jedermanns Sache, auf niedrigen Kissen und ohne Tisch zu essen.

Zur Begrüßung gab es erst einmal Kaffee. Dabei handelt es sich um eine beduinische Begrüßungszeremonie, bei der in die Tassen nur ein wenig Kaffee eingeschenkt wird. Ursprünglich darf man sich maximal zweimal nachschenken lassen. Ein vorheriger Abbruch wird durch Schwenken der Tasse signalisiert. In unserem Fall begnügten sich die Gastgeber mit einmal nachschenken.

Vor dem Buffet gab es für jeden eine Linsensuppe als Vorspeise. Die Grundlage schienen grüne Linsen zu sein. Außerdem werden sie praktisch fein püriert.

Auf dem anschließend eröffneten Buffet gab es neben den mittlerweile bekannten, aber nach wie vor schmackhaften Salaten und Vorspeisen, die vorher gebratenen Fleischspieße in der Rind-, Lamm- und Hähnchenvariante. Von dem Buffet blieb noch eine ganze Menge übrig. Da es aber bei den Beduinen Tradition ist, dass die Gastgeber die Speisen aufessen, die die Gäste übrig lassen, sollte die Familie satt geworden sein.

Nächste Programmpunkt war eine Darbietung beduinischer Musik. Ein alter Beduine kam dazu ins Zelt, setze sich zu uns auf die Kissen und begann erst einmal sein Instrument zu stimmen.

Dabei handelte es sich wohl um eine sehr einfache Form einer Rebab. Der Klangkörper war ein relativ flacher rechteckiger Kasten. Zwischen Hals und dem unteren Ende des Klangkörpers war nur eine einzige Saite gespannt. Mit einem Holzstückchen und einer gefalteten Servierte stimmte der Beduine das Instrument. Gespielt wird es mit einem kleinen Bogen. Musik und Gesang hören sich auf Dauer etwas eintönig und eigentlich recht melancholisch an.

Anschließend erzählte uns das Familienoberhaupt der Beduinen von dem Stamm der Bdul, die schon seit langer Zeit im Tal von Petra ansässig sind. Früher lebten sie in der alten nabatäischen Stadt in den Gräbern. Erst vor wenigen Jahren wurden sie in ein neu gebautes Dorf gleich neben dem Tal umgesiedelt. Die Bdul haben nach wie vor hier in Petra so ziemlich alles unter Kontrolle: die Verkaufsstände in Petra, die Pferde, Kamele und Esel, Veranstaltungen wie die, der wir gerade beiwohnten und auch die Jeeptouren, die Johanna tagsüber mitgemacht hatte.

Einige Familien leben nach wie vor in Zelten wie dem, wo wir gerade unser Abendessen hatten. Diese sind alles andere als billig. Er Flender berichtete, dass ein solches Zelt, das der Beduine gebraucht gekauft hatte, etwa 40.000 € kostet.

In den letzten beiden Tagen hatte es einige Fragen gegeben bezüglich dem Umgang und Zustand der der Tiere in Petra und zur Tatsache, dass in Petra viele beduinische Kinder bei den Verkaufsständen anzutreffen sind, wo man doch annehmen könnte, dass sie in die Schule gehen sollten. Abu Hamad hatte sich dazu jeweils auch recht kritisch geäußert. Nach der Runde mit dem Beduinenoberhaupt fragte Abu Hamad dann einige aus der Gruppe, warum sie denn nicht die Gelegenheit genutzt hätten, genau diese Fragen zu stellen. Er meinte, dass die Bdul nur lernen, dass sie etwas anders machen sollten, wenn entsprechende Kritik oder auch nur Anregungen von außen kämen.

Zum Abschluss bekamen wir dann vor dem Zelt unter einem grandiosen Sternenhimmel noch gezeigt, wie das Fladenbrot gebacken wird. Das hatten wir in der moderneren Variante schon bei Mittagessen in Amman gesehen. Hier wurde die konkave Backplatte noch richtig mit Holzfeuer geheizt. Der vorher sehr dünn ausgebreitete Teig ist dann in kürzester Zeit fertig. Natürlich bekam jeder auch von dem Brot zu kosten.

Brotbacken
Brotbacken beim Touristen-Camp der Bdul-Beduinen

Auf Vermittlung von Abu Hamad übergaben Johanna und ich schließlich auch dem Familienoberhaupt den Betrag für die Jeeptour. Natürlich nicht ohne zu versichern, dass das für Johanna ein tolles Erlebnis war.

Der Rückweg zu unseren Minibussen gestaltete sich etwas schwierig. Den Schotterweg entlang waren zwar Kerzen in Papiertüten aufgestellt, die nun angezündet wurden. Aber oben war es stockdunkel, trotz Sternenhimmel. Von den Minibussen war natürlich auch nichts zu sehen. Erst als einige der Beduinen mit Taschenlampen kamen, wurden wir wieder auf den rechten Weg geleitet. Ich konnte Johanna und mir zusätzlich noch mit der Lampe meiner Videokamera helfen.

Nach unserer Rückkehr ins Hotel ließen wir dann zusammen mit einigen anderen unserer Reisegruppe den Abend in der Cave Bar ausklingen.