Quelle der Texte zur Großen Mauer: MERIAN live! Peking Ausgabe von 2002
Pekings nördlicher Kreis Changping kann gleich mit zwei großen Sehenswürdigkeiten
aufwarten, von denen eine sogar fast als Weltwunder gilt: die Große Mauer. Nördlich
der Kreisstadt Changping dehnt sich eine Berglandschaft aus, die durch
jahrtausendelange Abholzung und Erosion gezeichnet ist. Nahe Changping zweigt
die Hauptstraße nach Nordosten in Richtung Ming-Gräber ab und verläuft weiter
in die Berge Richtung Badaling, einer mächtigen Festung der Großen Mauer, 80
km nordwestlich von Peking.
Die
Große Mauer gab es bereits, als Peking noch ein Garnisonsnest in der staubigen
nordchinesischen Ebene war. Wie ein steinerner Drache schlängelt sie sich über
schroffe Berge und durch die ödesten Wüsten von der Festung Shanhaiguan an der
Ostküste bis zur Festung Jiayuguan in den muslimischen Gebieten der Provinz
Gansu im Westen.
Diesen
Lindwurm ließ der phobiengeplagte Kaiser Qin Shihuang, der als Reichseiniger in
die Geschichte einging, im 3. Jh. v. Chr. von 300 000 Zwangsarbeitern in
Fronarbeit schaffen. Dabei wurden bereits bestehende Wehrmauern aus der Feudalfürstenzeit
ausgebaut, die schon seit dem 7. Jh. v. Chr. die ackerbauenden Chinesen von den
nomadisierenden nördlichen Stämmen abgrenzen sollten. Die neue Funktion der
Mauer war auch eine militärische, sollte sie doch die Han-Chinesen vor den gefürchteten
Barbarenstämmen im Norden, namentlich den Hunnen und Mongolen, schützen. Dabei
hielten gerade jene später das Kernland Chinas in Abständen jahrhundertelang
besetzt und regierten als so genannte Fremddynastien (Wei-, Yuan- und
Qing-Dynastie). Die Herrscher der jungen Ming-Dynastie ließen nach der
Vertreibung der Mongolen im 15. Jh. die alten, mit Holzbauten bewehrten Erdwälle
zu der heutigen Mauergröße erweitern und an wichtigen Abschnitten die
Fundamente mit Steinblöcken und die Aufbauten mit Ziegelsteinen verkleiden. Die
Holztürme ersetzten sie durch massive steinerne Wehrtürme, die im Abstand von
ca. 150 m an weit sichtbaren Punkten für Rauch- und Feuersignale nicht nur im
Kriegsfall genutzt wurden. Auf den 8 m breiten wichtigsten Mauerabschnitten
fanden sechs berittene Krieger nebeneinander Platz. Tragische Legenden ranken
sich um die Bauarbeiten: Tausende Fronarbeiter ließen ihr Leben, und ihre
Leichen wurden zusammen mit Schotter und Erdhaufen eingemauert.
Da
an strategischen Stellen gleich mehrere Mauerreihen hintereinander verlaufen,
ist die exakte Mauerlänge kaum zu definieren, jedoch beträgt sie mindestens
6000 km. Die Mauer verfiel in den letzten 100 Jahren zunehmend und war ein
willkommener Baumaterialienlieferant für Bauern der Umgebung. Im Norden Pekings
wurden einige der mächtigen Wehrtore und Mauerstücke restauriert. In einem großzügigen
Bogen zieht sich die Mauer in den nördlichen Bergen um Peking. Die Festung am
Badaling-Pass steht an einem ehemals strategisch sensiblen Punkt in den Bergen.
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Franz Nawrath (PSI-BT) | Simon Zhang (SAP China) |
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Chai Liang, Roman, Franz Nawrath | Chai Liang, Roman, Franz Nawrath, Simon Zhang |