Die
Stadt Hangzhou
Quelle der Texte zu Hangzhou: Dumont Reisetaschenbuch Shanghai, Ausgabe von 2003
Die Chinesen werden nicht müde, den Spruch „im Himmel das Paradies, auf Erden
Suzhou und Hangzhou“ zu wiederholen. Man sollte einige Abstriche machen, die
eigentliche Stadt dabei nicht berücksichtigen, denn die ist laut, staubig, groß
und hektisch wie jede andere chinesische Großstadt auch, und stattdessen sein
Augenmerk auf die Lage richten. Anders als die meisten Riesenstädte des Landes
hat Hangzhou die Natur direkt vor der Haustür, und das ist - zumindest im
chinesischen Vergleich - paradiesisch.
Die
Stadt hatte ihre Hochzeit als Hauptstadt der Südlichen Song (1127-1279) gerade
überschritten. Prächtige Paläste, Gartenanlagen, brückengesäumte Kanäle,
bunte Marktviertel und sogar berüchtigte Vergnügungsviertel, die erstmals in
China keine Sperrstunde kannten, prägten das Bild der Stadt, die zu jener Zeit
mit 1,5 Millionen Einwohnern eine der größten und kosmopolitischsten Städte
der Erde war. Mit der Eroberung durch die Mongolen verlor Hangzhou zwar seine
Position als Hauptstadt, blieb aber ein florierendes Handels- und
Wirtschaftszentrum. Gleichzeitig entwickelte sich die Stadt zu einem der großen
Zentren für den Buchdruck sowie für die Seiden- und Baumwollherstellung. Mit
der Taiping-Rebellion und deren Niederschlagung indes war die einstige Oase des
Wohlstands und des relativen Friedens zerstört. Hangzhou benötigte nahezu 50
Jahre, um sich zu regenerieren, an seinen alten Glanz aber sollte es nie wieder
anknüpfen. Was blieb, waren die glitzernden Wasseroberflächen seiner
Seenlandschaft und die grünen Berge, die hinter dem Ufer aufragen.
Hangzhou
birgt in seinem Zentrum noch einige interessante Straßenzüge, doch wer bereits
andere Städte gesehen hat, sollte sich lieber dem weithin berühmten Westsee
widmen.
Der
Westsee
Der
Westsee (Xi Hu) bildet mit seinen Bergen, bewaldeten Grünflächen und
Parkanlagen eine wahre Augenweide.
Wer
mag, kann die Umgebung und die vier kleinen Inselchen in der Seemitte mit einem
gemieteten Ruderboot erkunden, was in den Sommermonaten allerdings ein schweißtreibendes
Vergnügen ist. Eine andere Option, um zu einem der Inselchen im See zu
gelangen, bieten die Ausflugsschiffe. Ansonsten kann man die Umgebung des
Westsees wunderbar über die uralten Dämme erwandern.
Ursprünglich
war der See lediglich eine Bucht des Qiantang-Flusses. Bereits vor über 1000
Jahren ließen verschiedene Herrscher die Bucht ausheben und erste Deiche
anlegen. Zwei berühmten Dichtern, Bai Juyi (772-846) und Su Dongpo (1036-1101),
die in Hangzhou eine Zeit lang als Beamte wirkten, verdankt der See schließlich
sein heutiges Aussehen. Bai Juyi ließ die Bucht seinerzeit ausbauen und durch Dämme
sichern, während Su Dongpo, der als Präfekt von Hangzhou die Stadt verwaltete,
den See in drei verschiedene Bereiche aufteilen ließ. Damit war die Gestaltung
des Westsees abgeschlossen, und in der Folgezeit wurde er zum berühmtesten See
Chinas.
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Blick über den Westsee | |
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Su-Damm, Brücke mit einer Fähre im Vordergrund | Brücke am See |
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Das ist etwa die Szene vom 1 Yuan Schein | Pavillon auf der Insel "Hügel des Herzogs Ruan" |
Ober
den mit Pfirsichbäumen und Weiden bestandenen Bai-Damm (Bai Di), sein Name
erinnert an Bai Juyi, erreicht man die größte Insel des Sees, Gushan. Hier
erhebt sich der gleichnamige Berg der Einsamkeit (Gu Shan). Die Schönheit des
Ortes zog natürlich auch die Herrscher des Reiches an, nicht zuletzt den
reisefreudigen Qianlong-Kaiser (reg. 1735-96), der sich hier den Pavillon
Herbstmond über dem Stillen See (Pinghu Qiuyue) bauen ließ. Von dort konnte er
bei seinen Aufenthalten den Blick über den See und die Umgebung genießen. Eine
Stele mit einer Kalligraphie erinnert daran. Weitere Punkte auf Gushan, die
einen Besuch lohnen, sind das Provinzmuseum, die Pagode des
Blumengirlanden-Sutra (Huayanjing Ta)und der Kranich-Pavillon (Fanghe Ting). Von
hier bietet sich die wohl eindrucksvollste Sicht auf die Skyline von Hangzhou.
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Karte der "Insel im Kleinen Ozean" (Xiaoying Zhou) | |
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Seerosen | Geldspenden |
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9 Löwen Felsen | Zentrale Pavillons auf der Insel |
In
der Mitte des Sees liegt die 1607 aufgeschüttete Insel im Kleinen Ozean (Xiaoying
Zhou). Sie besteht aus vier kleinen lagunenförmigen Seen mit Goldfischen und
Lotosblumen, die ein chinesischer Garten umgibt. Vor der Insel ragen die drei
Steinpagoden „Drei Teiche spiegeln den Mond“ (Santan Yinyue) aus dem Jahr
1621 aus dem Wasser. Su Dongpo ließ sie aufstellen - eine Überlieferung
berichtet, um die tiefste Stelle des Sees zu kennzeichnen, eine andere, um den
Bereich zu markieren, in dem es verboten sei, Wasserkastanien anzubauen. Die
heutigen Pagoden stammen aus späterer Zeit, die Tang-zeitlichen wurden von den
Mongolen zerstört.
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Beschütze-Chu-Pagode (Baochu Ta) |
Blick über den Westsee bei Nacht
Irgendwo in der Stadt gibt es eine Souvenirstraße. Ausnahmsweise ist diese Straße für den Autoverkehr gesperrt. Die Häuser sind altem chinesischem Stil nachempfunden. Neben jeder Menge Kitsch findet man hier zahlreiche Imbißstände, Teeläden, Kunsthandwerk aller Art und Apotheken mit Medikamenten aus dem Fundus der traditionellen chinesischen Medizin. Ob man sich die Flüssigkeiten aus Gläsern mit eingelegten Schlangen unbedingt antun will, hängt wohl vom Grad der Erkrankung und dem Glauben an die Wirksamkeit der Mittel ab.
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Nach der Einkauftour kann man sich in einem der Restaurants stärken.
Frischfischvorrat in einem Restaurant
In
den Bergen westlich des Sees
Vom Yue-Fei-Tempel aus führt die Straße nun weiter in die Berge und zweigt schließlich zum Kloster der Seelenzuflucht (Lingyin Si) ab, wo sie auf einem riesigen Parkplatz endet. Das Kloster gilt als eines der berühmtesten des Landes - deshalb tummelt sich halb China zwischen seinen Hallen - und soll 326 von einem indischen Mönch gegründet worden sein. Als während der Tang-Zeit der Buddhismus seine Blüte erlebte, wuchs auch das Kloster, das im 10. Jh. bereits 300 Gebäude umfasste, in denen an die 3000 Mönche lebten. In der 33 m hohen Haupthalle (Daxiong Baodian) thront Buddha Shakyamuni als goldfarbene Holzstatue von 19,6 m Höhe.
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Wächterfiguren in der Eingangshalle |
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Zwischenbereich hinter der Halle des Großen Buddha |
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Relief in einem Rundfenster der Halle des Großen Buddha |
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Kleine Figur am Treppenaufgang |
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Bhaisajyaguru Halle |
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Bereich zwischen den Hallen |
Wand mit Gesundheitssprüchen |
Gegenüber dem Tempel erhebt sich der 168 m hohe Herbeigeflogene Gipfel (Feilai Feng). Hier beeindrucken mehrere 100 Steinreliefs und Skulpturen, die zwischen dem 10. und 12. Jh. in den Fels geschlagen wurden, den Besucher. Die größte und markanteste Figur ist die des Maitreya-Buddha aus dem Jahr 1100, der lachend als Dickbauch-Buddha, auf einem Lotosblatt sitzt. Diese Darstellungsweise des Maitreya geht auf die Gestalt des Mönchs Budai zurück, der in der Nähe von Hangzhou lebte und als Reinkarnation des Zukunftsbuddhas galt.
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Li Gong Pagode |
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Götterfiguren bei der Li Gong Pagode |
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Buddhafigur auf dem Herbeigeflogenen Gipfel (Feilai Feng) |
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Maitreya-Buddha auf dem Herbeigeflogenen Gipfel (Feilai Feng) |
Fuchun Resort
Unweit von Hangzhou befindet sich das Fuchun Resort, eine exklusive Golf- und Hotelanlage. Ajit Kulkarni, Chai Liang und ich waren allerdings die einzigen, die an dem verregneten Samstag nach unserem Stahlkongreß eine Runde spielen wollten. Allerdings übersprangen wir wegen des heftigen Regens einige Löcher.
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Ajit Kulkarni, Chai Liang, Roman |