Reisebericht

Reisevorbereitungen

Nach den Auert/Kuhn Welttouren im letzten Jahr mit unserer Singapore- und Bali-Reise inklusive unserer Silberhochzeit kehrten wir 2018 nach Deutschland zurück. Und darüber hinaus auch noch in eines der Zentren deutscher Kulturhistorie, nach Weimar. Erfurt hatten wir uns eigentlich auch vorgenommen, allerdings waren wir uns im Vorfeld nicht mehr sicher, ob die Zeit dafür noch reichen würde.
Jedenfalls kümmerte sich Annette rührend um die Organisation. Leider lud uns das Hotel im Wasserschloss, wo wir zuerst absteigen wollten, wieder aus, da es von einer Hochzeitsgesellschaft vereinnahmt wurde. Dafür hatte dann der Russische Hof mitten in der Stadt ein gutes Angebot, so dass Auerts dort für die Reisegruppe die Zimmer reservierten.
Annette kümmerte sich auch um das Besichtigungsprogramm. Ein Bekannte/Verwandte von ihnen wollte uns sogar eine kleine Privatführung geben. Eigentlich sollte das ihr Mann machen, der war aber einige Tage vorher verstorben.
Wir vereinbarten noch einige weitere vorzubuchende Besichtigungspunkte und Aktivitäten. Dabei stellte sich heraus, dass in Weimar einige der Attraktionen wegen Renovierung geschlossen waren. Das Bauhaus Museum wurde gerade komplett neu gebaut und sollte dann 2019 eröffnen. Das Sternerestaurant im Hotel Anna Amalia war ebenfalls geschlossen, weil man laut Website die Konzeption überarbeitete. Es blieb aber auch sonst genügend zu sehen.


31. Mai 2018 - Anreise und erster Rundgang

Eine schwülheiße Gewitterdecke lag über Deutschland. Bereits bei den letzten Vorbereitungen zum Aufbruch war ich schweißgebadet und mein Kreislauf war weg. Auch für Weimar sah der Wetterbericht sehr durchwachsen aus.
Nachdem sowohl Google als auch mein Navi zunächst die Strecke über Frankfurt vorgeschlagen hatten, entschied sich mein Navi nochmal um und schickte uns über die A5, A6, A81, A8, A7, A71. Auf letzterer waren wir nach einem der Ursprungstreffen in Berlin, aus dem die Auert/Kuhn Städtetouren entstanden waren, kurz nach der Neueröffnung nach Süden gefahren. Aber ansonsten verlief die Anfahrt problemlos.

Unser Hotel lag mitten in der Stadt und weit und breit war kein Parkplatz zu sehen. Während ich dann einfach vor dem Hotel auf dem ewig breiten Bürgersteig hielt, erkundigte sich Johanna an der Rezeption. Es gäbe einen Parkservice, der würde das Auto in eine Garage fahren. Irgendwie konnte ich nicht wirklich herausfinden, wohin dann mein Wagen kurze Zeit später verschwand. Und ich sah ihn auch bis zu unserer Abfahrt nicht mehr. In Weimar kann man sich sehr gut zu Fuß bewegen. Und da direkt vor unserem Hotel eine zentrale Bushaltestelle war, sollten auch die Ziele am Rande der Stadt ohne Auto erreichbar sein.
Annette und Fritz kamen auch ein wenig später im Hotel an, allerdings ohne Ami, Annettes Labrador. Die Hundedecke und die Schüssel Hundefutter im Zimmer waren damit überflüssig.
Das ehrwürdige Hotel, in dem wohl in früheren Zeiten einige wichtige Personen übernachtet hatten, beherbergte nicht nur ein sehr gut bewertetes Restaurant, in dem wir für Samstag einen Tisch reserviert hatten, sondern hatte auch für das Frühstück ein Konzept, dass ich bis dahin nicht kannte. Meldete man sich am Abend zuvor an, verringerte das den Preis um 3,50€.
Bis unsere private Stadtführung losgehen sollte, hatten wir noch etwas Zeit und alle waren durstig. Aber aufgrund der Lage unseres Hotels hatten wir es nicht weit, eines der zahlreichen Lokale in der Weimarer Innenstadt zu erreichen. Das "Anno 1900" lud uns mit seinen Tischen im Freien unter einer großen Platane ein. Bei einem Bierchen und einem Käseteller plauderten wir in unseren Ausflug.
Gegen 15:00 Uhr kam Uta, unsere "private Stadtführerin". Trotz ihres hohen Alters machte sie einen völlig fitten Eindruck. Und ihr Wissen über die Geschichte Weimars, an dem sie uns schon mal während der Einführung im Restaurant und unserem anschließenden Rundgang durch die Altstadt Weimars teilhaben ließ, verblüffte uns immer wieder.
Gleich zu Beginn des Rundgang kamen wir am Köstrizer Schwarzbierhaus vorbei. Das Bier hatte ich schon einige Male getrunken, aber nie über die Herkunft nachgedacht. Umso erstaunter waren wir, an einem kleinen Platz , mehr eine Verbreiterung der Seitenstraße ein sehr schönes Fachwerkhaus vorzufinden. Die Giebelfront ist dicht mit dunklen Fachwerkbalken durchsetzt. Dadurch wirkt das Haus recht dunkel, was aber irgendwie zum Schwarzbier passt. Der Außenbereich machte einen sehr einladenden Eindruck, so dass wir schon mal in Erwägung zogen, hier an einem der nächsten Tage Abendessen zu gehen.
Ein paar Meter weiter tat sich wieder ein kleiner Platz auf. Dieser wird von einem figürlichen Bronzebrunnen bestimmt. Das efeubewachsene Haus an der einen Platzseite bildet einen recht malerischen Hintergrund. Der Brunnen ist eine Kopie, dessen Original in New York steht. Schräg gegenüber erhebt sich eine schmale graue Fassade. Sie gehört zur Musikschule und war ursprünglich ein Franziskanerkloster. Das Spannende dabei ist nicht so sehr die hellgraue Fassade, sondern die Tatsache, dass man nichts von dem Dach dahinter sieht. Nicht dass die Giebelfassade unbedingt breiter wäre, als das Haus. Vielmehr ist das Dach etwas nach Innen gezogen.
Obwohl wir nur noch ein kurzes Stück vom Marktplatz weg waren, ging es zunächst zum Herderplatz mit der Herderkirche. Der Platz ist nicht interessanterweise nicht flach, sondern hängt irgendwie. Die restaurierte Herderkirche schauten wir uns an, insbesondere wegen des Flügelaltars von Lukas Granach d.Ä. Den Platz umstehen einige weitere sehr schön restaurierte Häuser mit ihrer eigene Geschichte.
Schließlich erreichten wir den zentralen Marktplatz, auf dem mir natürlich gleich die Buden mit den Thüringer Bratwürsten auffiel. Aber das musste ich erst einmal verschieben. Eine der Seiten des Platzes wird vom Rathaus eingenommen. Der neogotische Bau passt eigentlich stilistisch nicht zum Rest der Platzbebauung, sieht aber gut aus. Allerdings täuscht das Rathaus ein Alter vor, das es gar nicht hat. Die aktuelle Variante des Rathauses stammt aus der Mitte des 19. Jhdt.
Die andere Seite des Platzes wird von einigen schön restaurierten Stadthäusern eingenommen. Den Neptunbrunnen hatte ich erst einmal übersehen.
An der Südostecke steht das berühmte Hotel Elephant mit seinem kleinen, auf den Platz ausgerichteten Balkon. Das Hotel war gerade wegen Renovierung geschlossen. Neben den vielen Geistesgrößen der deutschen Kulturgeschichte hatte Weimar auch einen weiteren Bewunderer, auf den die Stadt wahrscheinlich gerne verzichtet hätte. Hitler hielt sich wohl öfter in Weimar auf und hatte sich den Balkon an das Gebäude bauen lassen, um sich von dort aus bejubeln zu lassen.
Gleich um die Ecke liegt der Platz der Demokratie mit dem Reiterstandbild des Großherzogs Carl August in der Mitte. Die Langseite des Platzes wird vom ehemaligen Fürstenhaus (heute die Musikschule) und ein der Schmalseiten durch die Herzogin Anna Amalia Bibliothek eingenommen.
Insgesamt fand ich das Ensemble etwas eintönig, zumindest aus Sicht eines Fotografen.
Die nördliche Langseite des Platzes ist offen und der Blick fällt auf das etwas tiefer liegende Stadtschloss. Dazwischen tobt aber der Verkehr. Das Stadtschloss ließen wir bei unserem Rundgang erst einmal aus.
Direkt hinter der Anna Amalia Bibliothek liegt der Park an der Ilm, ein Landschaftsgarten, der sich an dem kleinen Flüsschen entlang zieht. Auch den nahmen wir uns erst am nächsten Tag vor. Nur einen Blick aus der Ferne warfen wir auf Goethes Gartenhäuschen. Uta beklagte, dass Ihr verstorbener Mann recht verärgert war, als die neuen Verantwortlichen nach der Wende entschieden, dass nur Originalgegenstände in dem Haus verbleiben sollten. Weswegen es heute praktisch leer steht.
Das auf der anderen Straßenseite liegenden Haus der Frau von Stein ist ein Beispiel, wie ein kulturell wertvolles Objekt bei klammen Stadtkasse unter die Räder kommt. 2008 verkaufte die Stadt das schöne Gebäude an einen spanischen Investor, der alles mögliche versprach und nicht hielt. Inzwischen will die Stadt das Gebäude wieder zurück kaufen, nachdem es nun seit längerem mit Brettern vernagelt vor sich hin siecht.
Über einige nette Seitenstraßen erreichten wir die Schillerstraße, die zumindest teilweise wie ein mit Bäumen bepflanzter Platz wirkt.
Die Stadtführung beendeten wir in einer Eisdiele. Es war inzwischen recht spät und nicht mehr sehr lange bis zu unserem Abendessentermin. Dennoch entschied ich mich für einen "Eisbecher" mit Joghurteis und Amarenakirschen. Kurze Zeit später sah ich mich mit einem Riesenteller Eis und eingelegten Kirschen konfrontiert, der aber lecker schmeckte. Nach der Verabschiedung von Uta wollten wir noch Getränke und Snacks für unsere üblichen abendlichen Absacker einkaufen.
Am Theaterplatz fanden wir im Untergeschoß eines Ladenhauses einen Rewe. Eine so stark eingeschränkte Auswahl hatten wir allerdings noch nie erlebt. Bier gab es nicht, Spirituosen gab es nicht und die Weinauswahl hätte in meinen Kühlschrank gepasst. So blieben nur ein paar Snacks zum Einkaufen.
Johanna fragte noch eine Verkäuferin, die einen Getränkeladen um die Ecke erwähnte. Der war aber nicht zu finden, obwohl wir den gesamten Block umrundeten.
Zum Abendessen hatte Annette einen Tisch im Scharfen Eck reserviert, das einen sehr guten Ruf für seine Thüringer Küche, insbesondere die Klöße hat. Das Restaurant fand sich nur ein paar Minuten von unserem Hotel entfernt und war sehr heimelig und nett. Allerdings auch sehr warm, was auch die Bedienung beklagte. Aber das Essen war wirklich ausgesprochen lecker. Die Thüringer Klöße schmecken doch nochmal anders als die Klöße und Knödel die wir so kennen und die meine Schwiegermutter macht oder die wir bei meiner Tante schon öfter gegessen haben. Trotz der Hitze war es ein schöner Abend der wie üblich im Hotelzimmer ausklang, wo die Klimaanlage trotz Dauerlauf auch nicht wirklich Kühlung erreichen konnte.


01. Juni 2018 - Ausführlicher Rundgang

Nach einem gemütlichen Frühstück setzten wir die Erkundung von Weimar fort. Es hatte am frühen Morgen wohl etwas geregnet und der Wetterbericht sagte weiteren Regen voraus. Daher kaufte Johanna erst einmal am Beginn unseres Spaziergangs in einem Schirmgeschäft einen kleinen Schirm. Den sollte sie zum Glück aber nicht brauchen. Entgegen der Wettervorhersage blieb es den ganzen Tag trocken, ja es war sogar meist sonnig. Damit allerdings leider auch wieder sehr schwül.
Wir schlenderten weiter zum Marktplatz. Während ich den am Vortag übersehenen Neptunsbrunnen entdeckte und Bilder machte, suchten Johanna und Annette den Schmuckladen am Platz auf. Johanna hatte bereits in der Hotelvitrine Silberschmuck gesehen, der mit stilisierten Gingko-Blättern arbeitete. Das Geschäft musste allerdings erst eine passende Größe aus einem der Hotels besorgen, die den Schmuck ausstellen.
An einer der Ecken des Platzes fand sich auch eine der berühmten Kuriositäten Weimars, ein Gingko-Laden und das darüberliegende kleine Gingko-Museum. Annette und Johanna begutachteten nach einem Rundgang durch das Mini-Museum das Angebot an Gingkos und ließen sich jeweils ein Exemplar zurückstellen.
Am ebenfalls in Renovierung befindlichen Hotel Elephant, das auf einen wenig beliebten Bewunderer von Weimar zurückgeht, vorbei kamen wir wieder auf dem Platz der Demokratie an. Der Platz davor war vom ADAC belegt. Eine Oldtimer-Rundfahrt startete von hier. Die letzten Mercedes und Porsches von wohl über Hundert Fahrzeugen wurden gerade präsentiert und auf die Reise geschickt.
Die Anna Amalia Bibliothek konnten wir auch heute nur von außen anschauen. Keiner von uns hatte Lust, sich am frühen Morgen anzustellen, um eine der limitierten Karten zu erwerben.
Das Stadtschloss hatten wir am Vortag nur vom Platz der Demokratie aus gesehen. Das Ensemble besteht aus dem ehemaligen Torbau, dem Turm und dem eigentlichen Schloss.
Während der Rest der Gruppe durch den Torbau zum Innenhof des Schlosses weiterging, musste ich mir natürlich die kleine Ausstellung Im ehemaligen Torbau anschauen, wo man sich über die Untersuchungen und Pläne zu Restaurierung, Erweiterung etc. anschauen kann. Das erschien mir recht informativ, da direkt am "lebenden" Objekt gezeigt wurde, was in den Innenräumen von den Bauhistorikern untersucht worden war.
In dem großen Viereck des neueren Teil des Stadtschlosses gibt es nicht viel zu sehen, außer den verschiedenen Architekturstilen, der nach und nach entstandenen vier Gebäudeteile.
Ein zwei Seiten standen noch ein paar riesige Kunststoff-Thronsessel, die von einer Ausstellung übrig geblieben waren. Die nutzten wir gleich für unser obligatorisches Gruppenfoto.
Unter Verwendung meines mitgeschleppten Fotoequipments versuchte ich mich dann an Aufnahmen des Torhauses und des alten Turmes. Endlich kamen auch mal meine Nisi-Filter zum Einsatz. Hinter uns auf der Wiese wurden Hochzeitsfotos gemacht. Gegen die Sonne und mit minimalem Lichtequipment. Ob das ein Profifotograf war?
Fritz und Annette waren inzwischen zurück Richtung Markt unterwegs, weil es Zeit für Getränke-Nachschub war. Fritz holte uns nach und wir landeten im Schwarzen Bären.
Johanna bestellte nach doppelter Rücksprache mit Annette und der Kellnerin eine Soljanka. Die bestand aber fast ausschließlich aus Jagdwurst und wurde daher nicht aufgegessen.
Auf der anderen Seite des Marktplatzes, auf dem sich eine Reihe von Gemüseständen und drei oder vier Stände mit hauptsächlich Thüringer Rostbratwurst verteilten, befand sich auch der Treffpunkt für unsere Droschkenfahrt. Der Zweispänner mit der jungen Kutscherin traf kurze Zeit später ein. Außer uns fuhr noch ein älteres Ehepaar mit. Die Kutscherin bot mir einen Platz auf dem Kutschbock an, damit ich besser fotografieren könne.
Die angesteuerten Stationen entsprachen weitestgehend denen, die wir am Vortag schon zu Fuß erkundet hatten. Trotzdem war es recht nett, mit der Droschke durch die Altstadt zu fahren. Die etwas erhöhte Perspektive vom Kutschbock war natürlich auch eine andere.
Nach dem Ende Fahrt kam ich endlich zu einer Thüringer Rostbratwurst, Fritz schloss sich an. Ich dachte bislang, und so kannte ich sie auch von Weihnachtsmärkte bei uns, die Thüringer Würste wären eher wie größere Nürnberger Würste. Tatsächlich erinnerten sie mich eher an unsere grobe Bratwurst, wenn auch anders gewürzt.
Während Fritz und ich unsere Wurst unter den Arkaden des Rathauses genossen, zogen Johanna und Annette schon mal los zu dem Juwelierladen, um Johannas Gingko-Armband abzuholen. Johanna zeigte mir mit der Verkäuferin danach noch den Perlenschmuck aus verschiedensten Tahiti-Perlen. Die hatten wir schon auf Teneriffa bewundert, waren uns aber immer zu teuer gewesen.
Für den Nachmittag hatten wir uns den Park an der llm vorgenommen. Der besteht allerdings praktisch ausschließlich aus der Flusslandschaft der Ilm. Das Goethe-Gartenhaus hatten wir gestern schon aus der Ferne gesehen und Uta hatte bereits erklärt, dass es praktisch leer sei, weil die Verantwortlichen nach der Wende der Meinung gewesen waren, dass nur Originalstücke ausgestellt werden sollten, was ihren Mann, als ursprünglich Verantwortlichen, etwas zur Verzweiflung gebracht hatte. Also steuerten wir das römische Haus an. Das war aber weiter entfernt als gedacht. Es bedurfte etwas Fürsorge, um Johanna zum Mitkommen zu motivieren. Aber schließlich erreichten wir das kleine Sommerhaus, das am Hang über der Ilm thront. Viel gab es im Inneren auch nicht zu sehen, weil auch hier, wie im Goethe-Sommerhaus, alle nicht-originalen Einrichtungsgegenstände von den Kuratoren nach der Wende ausgeräumt worden waren.
Wir überlegten kurz, für den Rückweg den Bus zu nehmen, da die Straße direkt oberhalb des Parks entlangläuft. Schließlich liefen wir doch zurück zum Markt, wo wir die beiden zurückgestellten Gingkos einsammelten. So bepackt machten wir uns zurück und während Fritz und ich das Gepäck ins Hotel brachten, sicherten Annette und Johanna schon mal Plätze im Anno 1900.
Unser nächster Termin war eine Gin-Probe. Auch die war zu Fuß in ein paar Minuten zu erreichen.
Die Wiegand Manufactur befindet sich in einem kleinen Ladengeschäft am Rande des Stadtzentrums. Hinter dem Verkaufs- und Probenraum konnten wir durch eine Glasscheibe bereits beim Eintreten die Destillationsanlage im hinteren Bereich des Raumes sehen.
Herr Wiegand erzählte uns nach der Begrüßung einiges über Gin und wie er dazu kam, Gin zu brennen. Auch über die Destille, die eine Sonderanfertigung nach seinen Angaben war und auch optisch etwas hermachte, fast schon skulpturenhaft.
Im Vorraum lagerten noch sechs Fässer aus neuem Holz. Drei davon für Gin. Die Vorgehensweise ist hier ähnlich wie bei Sherry. Aus einem Fass wird eine bestimmte Menge entnommen zur Abfüllung. Diese wird aus dem zweiten Fass ersetzt. Und diese wiederum aus dem ersten. Dort wird schließlich mit neuem Gin aufgefüllt. Dadurch erreicht man ein gleichmäßigeres konstantes Aroma.
Die anderen drei Fässer enthielten Whiskey. Ein Experiment, das er für das Jubiläumsjahr 2019 begonnen hatte.
Die Probe bestand aus seinen vier Produkten, dem eigentlichen Gin Lyonel, dem fassgelagerten Gin, dem Likör Johann und dem Heimatlikör mit 40% Alkohol, also eher ein Kräuterschnaps. Die Produkte waren hervorragend mit jeweils ausgeprägtem Charakter, der die verwendeten Zutaten auch sehr gut herausarbeitete.
Wir genehmigten uns abschließend noch einen Gin-Tonic, wobei wir noch über die Tonic Waters diskutierten.
Nach dem obligatorischen Einkauf verabschiedeten wir uns von Herrn Wiegand, der hier wirklich tolle Produkte herstellt.
Inzwischen hatten wir uns entschlossen, zum Abendessen zu joHanns Hof zu gehen. Da das Lokal mit seinem Innenhof gestern schon recht voll aussah, schickten wie Annette schon mal vor, während wir wieder die Einkäufe ins Hotel brachten.
Das erwies sich als durchaus sinnvoll. Annette hatte es geschafft, einen Tisch im Innenhof zu sichern, während rundum alles voll war. Das hatte offensichtlich seinen Grund. Das Essen war auch hier wieder ausgesprochen gut. Ich hatte mich für ein Tartar entschieden, das wirklich hervorragend war.
Da wir am Vorabend mit unserem Versuch, Getränke für den obligatorischen Absacker einzukaufen, am mangelnden Angebot in Hotelnähe gescheitert waren, nahmen wir einfach Getränke aus der Hotelbar mit, was weder organisatorisch noch finanziell ein Problem war.


02. Juni 2018 - Schloss Belvedere und Bauhaus

Heute hatte uns dann doch der Wetterbericht eingeholt. Es war stark bewölkt, regnete aber zum Glück noch nicht.
Da vor unserem Hotel auch eine Bushaltestelle war, nutzten wir die Gelegenheit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln die heutigen Ziele zu erreichen. Bei unserem Bus wechselten gerade die Busfahrer und einer der Fahrer gab uns gleich einen Tipp, wie wir mit einer Gruppenkarte einiges an Geld sparen konnten.
Das Schloss Belvedere liegt etwas außerhalb von Weimar und war von der Bushaltestelle schnell zu erreichen. Allerdings waren wir zu früh dran. Das Schloss hatte noch geschlossen. Voller Erwartung gingen wir daher erst einmal Richtung Orangerie. Wir hatten erwartet, einen schön angelegten Park mit blühenden Blumen vorzufinden. Leider sah es eher wie sehr früh im Frühling aus. Zahlreiche Kübel standen aufgereiht im Rund der Orangerie, als würden sie darauf warten, an ihren eigentlichen Aufstellungsort gebracht zu werden. Etwas ratlos und enttäuscht saßen, standen und liefen wir im Bereich der Orangerie und der angrenzenden Teilen des Parks umher. Überall das gleiche Bild, das nicht zu unserer Vorstellung eines Parks im Juni passte. Wir nahmen auf dem Rückweg den langen gerade Alleenweg. Während ich mit etwas Aufwand das Schloss von der Rückseite fotografierte, hatten Fritz und Annette den Bereich zwischen der Allee und dem Possenbach mit der Großen Fontäne bereits erkundet. Während die drei wieder zurück zum Schloss gingen, machte ich noch ein paar Aufnahmen eben von der Großen Fontäne und der künstlichen Ruine weiter hinten im Park. Inzwischen hatte auch das Schloss geöffnet und unabhängig voneinander und unterschiedlich schnell erkundeten wir die Räumlichkeiten. Die waren weitgehend mit Polterabendgeschirr (Entschuldigung: Porzellan) verschiedenster Herkunft gefüllt. Am interessantesten waren eigentlich die beiden Räume im Erdgeschoss der Seitentürme, die man nur über eine Wendeltreppe aus dem Obergeschoss erreichte. In einem gab es eine Sammlung alter Jagdwaffen. Im anderen ein Modell des Agaventurms. 1753 hatte man rund um eine riesige Agave einen hölzernen Turm erreichtet, über den man bis zur Blüte aufsteigen konnte, die sich in diesem Jahr öffnete.
Im Gartenlokal des Schlosses nahmen wir einen Imbiss zu uns, während es draußen nun doch regnete.
Auf dem Rückweg entdeckten Fritz und ich im Bus das Plakat einer Eisenbahnausstellung, die auch gerade in Weimar stattfand. Das war aber zeitlich leider nicht hinzubekommen. Wir hatten einen Termin für eine Besichtigung der Bauhaus-Universität. Das Bauhaus-Museum war geschlossen und der Neubau hatte noch einige Zeit bis zur Eröffnung. Annette hatte herausgefunden, dass in der Uni Studenten Führungen veranstalten. Und an einer solchen nahmen wir dann teil. Lange war das Bauhaus ja nicht in Weimar gewesen. Aber einige typische Hinterlassenschaften des Bauhauses in der vom Architekten Henry van de Velde entworfenen Uni wurden uns von einem eloquenten Studenten gezeigt und erklärt. Ein kleines Gebäude neben dem Haupthaus, das elliptische Treppenhaus von van de Velde und das rekonstruierte Büro von Walter Gropius waren die wesentlichen Stationen des Rundgangs.
Für den Abend hatten wir einen Tisch im Restaurant Anastasia in unserem Hotel reserviert. Die Tage vorher waren wir schon vor der ausgelegten Menükarte gestanden und hatten uns überlegt, welches der beiden Menüs wir den mit welchen Gängen nehmen sollten, weil die meisten Gerichte darauf ziemlich spannend klangen.
Noch einige Zeit vorher wurden wir gebeten, am Abend doch bereits gegen 18:00 Uhr da zu sein, weil später eine größere Gruppe käme.
Als wir dann zur angegebenen Zeit auf das Restaurant zusteuerten fiel uns auf, dass aus den zwei Menüs nur noch eines geworden war und alle zumindest für mich interessanten Gerichte verschwunden waren. Wir wurden von der Chefin aufgeklärt, dass ein Koch ausgefallen sei und deshalb die Auswahl reduziert werden musste. Was aber nicht erklärte, dass auf Nachfrage etwa das Carpaccio nicht zu bekommen war, weil die Zutaten fehlten. Das hatte nun nichts mit einem ausgefallenen Koch zu tun. Auch, dass die Chefin die Gäste (inkl. der Gruppe) mit der zeitweiligen Hilfe eines anderen Hotelangestellten alleine bedienen musste, konnte damit nichts zu tun haben.
Johanna und ich taten uns mit der Auswahl richtig schwer, weil uns nichts auf dem Restmenü wirklich anmachte. Wir waren kurz davor, uns woanders umzusehen. Angesichts der zahlreichen Passanten draußen auf der Straße war jedoch die Gefahr groß, in den anderen Lokalen keinen Platz zu finden.
Schließlich bestellten Annette und Fritz das Menü und Johanna und ich einzelne Gerichte. Johannas Bitte, Ihr Gericht nicht erst mit unseren Hauptgängen serviert zu bekommen, wurde von der Chefin völlig uncool aufgenommen. Verärgerung vor einem Gast zu zeigen, geht schon für eine "normale" Servicekraft nicht. Aber erst recht nicht für die Chefin des Lokals. Annette und Fritz bestellten mehrere Gänge ab, weil die einzelnen Gerichte für sich bereits ein vollwertiges Essen waren. Keine Chance, die summierte Menge von mehreren Gängen zu konsumieren. Unsere Gerichte waren nichts Besonderes. Nicht schlecht, aber auch nicht der Rede wert. Da hatten wir in den Lokalen an den beiden Abenden zuvor deutlich besser gegessen, auch wenn die sich nicht Fine Dining auf die Fahne schreiben. Zumindest für den Abend konnten wir die sehr guten Kritiken in den Bewertungsportalen überhaupt nicht nachvollziehen.
So hielt der dritte Tag unseres Besuch in Weimar leider nicht ganz mit den anderen Tagen mit. Nichtsdestotrotz ließen wir uns unser abschließendes gemütliches Zusammensitzen auf dem Zimmer nicht nehmen.


03. Juni 2018 - Heimreise

Nach dem Frühstück hieß es schon wieder Abschied nehmen. Die Hotelangestellten hatte die beiden Wagen schon vor das Hotel gefahren. Ich hatte immer noch keine Ahnung, wo mein Auto die letzten Tage stand.
Ursprünglich hatten wir ja vorgehabt, am Sonntag noch einen Rundgang durch Erfurt zu machen. Aber uns wäre das, angesichts der doch langen Rückfahrt, etwas zu viel geworden. War zwar ein wenig schade, aber nicht zu ändern.
Als Ziel für nächstes Jahr hatten wir uns nach den üblichen ausführlichen Diskussionen für Mailand entschieden. Das stand schon seit ein paar Jahren auf der Liste der potentiellen Ziele. Das wird bestimmt auch wieder gut. Ich hatte mich vor Jahren nur mal dienstlich im Außenbereich von Mailand aufgehalten.


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