Rund um Trani

Erster Abschnitt der Reise mit Trani, Castel del Monte und dem Gargano

Anreise

29. April 2023


{Im Zug nach München}
Die Vorbereitungen liefen wie gewohnt, wobei die Kleiderwahl schon etwas schwieriger war. Der Wetterbericht für Apulien sah nicht so vielversprechend aus, wie wir uns das erhofft hatten. Temperaturen knapp unter 20° und zumindest für die ersten Tage Regenwahrscheinlichkeit.
Den Freitag hatten wir uns auch schon freigenommen. Bei mir standen Reifenwechsel und Friseur an. Morgens hatten wir noch einen Handwerker im Haus und auch sonst gab es noch genügend zu tun, zu dem wir unter der Woche, trotz Home Office keine Zeit gefunden hatten.
Nach einem gemeinsamen Abendessen mit unseren Nachbarn in der Tierpark-Gaststätte, das Johanna gleich noch nutzte, um ihre Geburtstagsfeier mit der Wirtin vorzubesprechen, waren dann alle Vorbereitungen abgeschlossen. Am Samstagmorgen fuhren wir dann mit dem Taxi (ich hatte sicherheitshalber bei der Bestellung gesagt, dass wir eines mit Stauraum brauchen) zum Bruchsaler Bahnhof und richteten uns für die nächsten Stunden auf unseren Plätzen im pünktlichen, aber ziemlich vollen ICE ein.

{Notizen im Flieger}
Zwischendurch machte der Zugleiter eine Ansage, man möge doch nicht so laut sein und die anderen Gäste nicht belästigen. Verwundert schauten wir uns an. unsere Sitznachbarin gegenüber meinte, in einem der vorderen Wagen wären Fußballfans, die in Karlsruhe zugestiegen seinen und zum Spiel nach München wollten.
Kurz vor Passing verloren wir einiges an Zeit. Wir fuhren aus irgendwelchen Gründen hinter einem Nahverkehrszug her. Aber wir hatten ja noch genügend Puffer.
In Passing über sah ich, dass es Rolltreppen gegeben hätte und schleppte unsere Koffer erst die eine Treppe hinunter und dann die andere wieder nach oben. Na ja, Sport tut not.
Schließlich am Flughafen angekommen war Kofferabgabe und Sicherheitskontrolle eine Sache von Minuten. Ich konnte sogar die Frau an der Sicherheitskontrolle überzeugen, meine Fototasche nicht komplett auspacken zu müssen. Ihr Kollege auf der anderen Seite begnügte sich mit Isotopentest und war sichtlich beeindruckt von meiner Fototasche bzw. deren Inhalt.
Zum Mittagsimbiss entschieden wir uns für Aichinger Seafood, Johanna mit Backfisch, ich mit Garnelenpfännchen und natürlich einem großen Hellen.
Die restliche Zeit bis zum pünktlichen Abflug verbrachten wir im Duty Free und an unserem Gate. Ich stoppt schon mal etwas die Zeit bei unserem ankommenden Flieger mit, um eine Idee dafür zu bekommen, ob bei unserer Rückkehr die Zeit zwischen Landung und Abfahrt der S-Bahn ausreichen könnte.

Kurz vorm Boarding wurde ich aufgerufen und der LH Mitarbeiter teilte mir mit, dass ich ein Upgrade auf BC bekommen hätte, Johanna aber nicht. Wäre aber kein Problem, Sitze sind eh dieselben. Nur Essen bekäme sie keines. Die Flugbegleiterin sah das erst mal anders. Als dann aber alle Passagiere an Bord waren, meinte Sie, zum Trimmen des Flugzeuges müssten man Passagiere nach vorne holen und ich solle meine Frau doch zu mir setzen. Dabei lächelte sie etwas schelmig.
Und da ein anderer BC Passagier storniert hatte, bekamen wir sogar bei etwas zu essen und zu trinken.

Nach dem kurzen Flug ging es auch schon zum Landeanflug auf Bari.

{am späteren Abend nach der Rückkehr ins Hotel}
Zusammen mit zwei anderen Paaren, die wir schon in München anhand ihrer Studiosus Anhänger als zur Gruppe gehörig identifiziert hatten, wurden wir nach Trani ins Hotel gebracht. Das ehemalige Konvent liegt direkt am Hafen und gegenüber der Kathedrale. Von unserem Zimmer im zweiten Stock hatten wir den besten Blick auf das Hafenrund. Wenn nur der Regen aufhören würde.

Gegen 19:30 Uhr versammelte sich allmählich die Gruppe um die Reiseleiterin, die die Gelegenheit nutzte, die Headsets zu verteilen, die wir dann auch gleich an den Strom zum Laden hängten. Anders als unsere Reiseleiterin damals in Andalusien machte sie nicht viel Aufhebens um die Bedienung. Ist ja auch nicht nötig. Ein erster Blick in die Runde ließ die Vermutung aufkommen, dass wir hier, trotz unseres mittlerweile etwas fortgeschritteneren Alters, die Jungspunte waren. Muss ja aber nichts heißen.
Die Karawane zog nun das erste Mal gemeinsam los zum Abendessen (zwei Mitreisende fehlten allerdings noch, sie trafen später zur Gruppe). In einer Seitengasse am Hafen fielen wir in die Trattoria La Locanda di Parlati ein und belegten die Tische in einem weiß getünchten Gewölbe. Die Trattoria stellte sich als Fischlokal heraus, worauf Johanna ob ihrer Allergie schon mal Bedenken bekam. Auch das auf der Weinkarte nur Weine standen löste weitere Bedenken aus. Aber war doch einfacher als gedacht. Bier gab es auch.
Zunächst wurden in schneller Reihenfolge verschiedene Fisch-Antipasti aufgetragen. Immer ein Teller für zwei Personen. Eingelegte Sardinen, Lachsstückchen, Sepia in Tomatensauce, eine Art Fisch-Küchlein, zwei Sorten Fisch in einer Ceviche-Art.
Als wir eigentlich schon satt waren, kam noch ein Hauptgang mit einem Doradenfilet. Johanna winkte ab. Ich aß trotz einiger Gräten auf. Zum Abschluss folgte noch ein Zitronensorbet. Und es gelang uns tatsächlich zwei Grappe zu ordern. Die Bar im Hotel stellte sich als praktisch nicht existent heraus, aber vom Nachtportier bekamen wir immerhin noch zwei Bier aufs Zimmer.
Ich war übrigens ganz froh, dass ich noch ein paar Brocken Italienisch konnte (nach meinem Volkshochschulkurs während meiner Assi-Zeit). Deutsch setze ich im nicht-deutschsprachigen Ausland sowieso nicht voraus. Aber auch mit Englisch kommt man hier anscheinend nicht weiter.

Castel del Monte und Trani

30. April 2023


{am Sonntag vor dem Frühstück}
Als wir gestern unser Zimmer bezogen hatten, fanden wir es sehr warm im Zimmer, obwohl die Außentemperaturen nur leicht in Richtung der 20° gingen. Die Klimaanlage war tot, zumindest so lange bis ich die Sicherung gefunden hatte. Aber auch danach funktionierte wenigstens der Ventilator der Klimaanlage.
Nach einer ruhigen Nacht warf ich erst mal wieder einen Blick aus dem Fenster. Die Aussicht auf das Hafenbecken im Morgenlicht ist einfach toll. Das helle beige der Häuser. Davor die ganzen Boote im Hafen. Links am Rand des runden Beckens die Kathedrale (leider mit einer eingerüsteten Apsiswand). Man kann sich schon vorstellen, in einem der Lokale herum abends bei einem Glas Wein zu sitzen. Aber das Erlebnis werden wir sicher nicht haben aufgrund der Temperaturen und der "hohen Luftfeuchtigkeit".

{Am Abend im Hotel während im Ort der Bär tobt}
Das Frühstücksbuffet in einer ehemaligen Kapelle des Konvents war für italienische Verhältnisse durchaus ordentlich. Nur der Kaffee war nicht zu genießen. Ich bin da ja einiges gewohnt ob meiner Dienstreisen in Ländern mit eher bescheidener Kaffeekultur. Aber das entfernt nach Nescafé schmeckende Gebräu war selbst für mich zu viel. Wir bestellten beiden Espresso Dopio, was zwar mengenmäßig nicht meinem Bedarf am Morgen entsprach, aber koffein- und geschmacksmäßig in Ordnung war.

Auf unserem Weg zum Castel del Monte regnete es erst noch. Aber so auf halber Strecke hörte der Regen auf und kam auch den ganzen Tag nicht wieder.
Nach kurzer Fahrt erst über Straßen, die eher Feldwegen als Autobahnzubringern oder Überlandstraßen glichen, dann aber durch die Agrarlandschaft mit den zahllosen Olivenbäumen führte, war das Castel del Monte auf einem Hügel über Landschaft ein wenig im Dunst zu sehen. Leider gab es keine Haltemöglichkeit und ob der Witterung waren eh keine guten Bilder zu erwarten.
Das frühe Aufstehen hatten sich gelohnt. Wir waren nach einer französischen Gruppe Nummer 2 auf dem Parkplatz unterhalb des Hügels. Die kleinen Shuttlebusse hinauf zum Castel hatten jedoch nicht die Kapazität für gleichzeitig zwei Gruppen. Ein Teil unserer Gruppe unter Anleitung unserer Reiseleiterin starte also eine zügige Wanderung hinauf (irgendwie muss man als Studiosus Reiseleiter anscheinend eine Mindestschrittgeschwindigkeit nachweisen. Gabriel in Australien hatte ein ähnliches Tempo vorgelegt). Kurz nach dem Shuttle Bus war auch die Wandergruppe oben, wo ich Johanna an einem Stand mit Nüssen fand, wo sie gerade eine Tüte Haselnüsse eingekauft hatte.
Gemeinsam marschierten wir das letzte kurze Stück hinauf zum Castel del Monte, das auch auf meiner Liste der Dinge, die ich mal sehen wolle stand. Das Äußere beeindruckt wirklich ob seiner geometrisch klaren Struktur und der beherrschenden Lage über der Landschaft. Das Innere hinterlässt einen durchaus zwiespältigen Eindruck. Die klare Geometrie findet sich auch im Innenhof und den gleichmäßigen Räumen im Erdgeschoß und im ersten Stock wieder. Diese unterscheiden sich nur in Details. Und da alle Dekoration verschwunden ist, kann man sich nicht so recht vorstellen wer sich hier wohlgefühlt haben mag.
Schade war, dass man nicht auf die Dächer der Türme durfte. Zwar war das Wetter nicht geeignet für tolle Aussichten in die Landschaft. Aber schön wäre es trotzdem gewesen. Wieder auf dem Boden umrundeten wir die Anlage noch einmal von außen, bevor es auch schon wieder zurück ging. Der Besuch des Castels ist eh professionell durchgetaktet. Nicht nur, dass es definiert Zugangszeiten für die Besucher gibt, auch die Aufenthaltsdauer in den einzelnen Räumen ist definiert und hat bei Nichtbeachtung energische Durchsagen über die Lautsprecheranlage zur Folge.
In einem der Räume hatte Johanna auch noch eine Vitrine entdeckt unter der richtig groß das Logo des lokalen Rotary-Clubs prangte. Das entsprechende Bild musste ich natürlich mit den Freunden meines Clubs teilen.

Der Parkplatz war inzwischen recht gut gefüllt und wir wussten mal wieder die Organisation einer guten Reiseleitung zu schätzen.
Beim Picknickbereich am Parkplatz machten wir noch die obligatorische Vorstellungsrunde und als Einstimmung gab es ein Becherchen Moscato di Trani, einen lokalen Dessertwein. Der war richtig lecker. Natürlich süß, aber mit noch genügend Säure, die ihn auch für uns sehr gut trinkbar machte.

Zum Mittagessen fuhren wir ein kurzes Stück in einen nahegelegenen Agriturismo Betrieb (Agriturismo San Giuseppe), der auch Pferdekoppeln aufwies, wobei wir keine Pferde sahen.
Angekündigt war ein leichtes Mittagessen mit Antipasti. Nach vier Gängen waren wir pappsatt.
Die Antipasti gab es natürlich vorneweg mit Focaccia, eingelegtem Fenchel und Pilzen, große grüne Oliven, eingelegte Artischocken, zwei Sorten Käse mit einer Zwiebelmarmelade und als Besonderheit eingelegte Zwiebeln der schopfigen Traubenhyazinthe. Traubenhyazinthen sind die Pflanzen, die auch in unserem Garten im Frühjahr mit schönen blauen Blütendolden wild aufgehen.Diese sind allerdings giftig. Die schopfige Variante und deren Zwiebeln wohl nicht. Nach dem Antipastiteller wäre es eigentlich gut gewesen. Dann kam aber, dem klassischen italienischen Menüplan folgend, eine kleine Spinat-Schinken-Lasagne und als Hauptgang ein Manzo di Maiale mit Käse überbacken und Rosmarin-Kartoffeln. Und schließlich noch Erdbeeren und Mispeln. Letztere hatte ich auch noch nie gegessen. Wie gestern bereits beim Abendessen festgestellt, sind die Hausweine, die durchweg 5,- € das Glas kosten, nicht wirklich der Bringer. Da ich eigentlich die süditalienischen Weine sehr mag, muss ich mal schauen, wie ich zu etwas vernünftigem komme, ohne gleich die ganze Flasche trinken zu müssen.

Zurück im Hotel in Trani, packte ich nur meine Fototasche mit den zurückgelassenen Filtern und meinem Reisestativ voll und spurtete wieder los, um die Zeit bis zum nächsten offiziellen Rundgang zu nutzen. Ich hatte die Idee, Bilder von der weit ins Meer hinausragenden Mole mit dem grünen Leuchtturm zu machen (die andere Mole auf unserer Seite des Hafens ist kürzer und hat am Ende einen roten kleinen Leuchtturm.
Gestern während des Regens war das Hafenrund mehr oder weniger ausgestorben. Welch ein Unterschied heute. Typisch italienisch flanierte Jung und Alt im jeweiligen, dem Alter angepassten Sonntagsstaat durch die Straßen. Alle Restaurants waren brechend voll. Ich kämpfte mich tapfer durch, auch durch den Geruchsteppich bei den Fischerbooten unterhalb der Kathedrale und erreichte schließlich den Faro Verde an der Spitze der Mole.
Leider war die Perspektive hier komplett anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Mole ist tatsächlich so weit draußen, dass die Gebäudereise am Hafen ziemlich weit weg wirkte. Auch lag scheinbar direkt oberhalb, tatsächlich aber weit im Hinterland eine zwar dünne, aber dafür umso dunklere Wolkenschicht. Ich probierte dennoch unter Einsatz von Pol- und ND-Filtern ein vernünftiges Bild zu schießen. Ein paar Bilder noch von den blauen Booten im Hafen auf dem Rückweg und gerade noch rechtzeitig vor dem Start des Nachmittagsspaziergangs erreichte ich das Hotel.
Ich war einigermaßen erschöpft und hatte keine Lust mehr, die komplette Fotoausrüstung zu tragen. Also speckte ich auf meine R5 mit dem TS-E ab.
Auch für die Kathedrale hatten wir einen bestimmten Zeit-Slot. Daher spazierten wir noch eine Weile unter sachkundigen Erläuterungen durch die Altstadt und das alte jüdische Viertel.
Die Kathedrale San Nicola Pellegrino von Trani ist schon ein interessantes Bauwerk. Ganz unten das Ipogeo di San Leucio, der Gruft des Hl. Leukios. Darüber dann die Unterkirche Santa Maria della Scala mit ihren Säulenwald, der mich im ersten Moment an die Zisterne in Istanbul erinnerte. Dort liegt auch die eigentliche Krypta. Und ganz oben dann die romanische Kathedrale.
Auch das weitläufige Umfeld der Kathedrale und dem daneben liegenden Kastell sind besonders. Gerade auch durch die allgegenwärtige Verwendung des hellen Kalksteins.
Damit war der offizielle Teil des Tages abgeschlossen.
Es war kurz nach 17:00 Uhr. Irgendwie waren wir unschlüssig. Großen Hunger hatten wir nicht. Um zum Hotel zurückzulaufen, uns umzuziehen und dann noch mal loszugehen, waren wir zu müde. Also streiften wir an den Restaurants entlang. Leider war bei den meisten nicht zu erkennen, ob sie nun offen oder geschlossen hatten, wann sie denn wieder öffnen würden und ob es, wenn sie den offen waren, man etwas zu essen bekäme. Die Pizzeria, die uns gefallen hätte, war nur für Eis offen, nicht aber zum Essen. Erst um 20:00 Uhr. Das war uns deutlich zu spät. Schließlich entschieden wir uns für das Peschef, einen Streetfood-Seafood-Laden (das Konzept kannte ich auch noch nicht). Man bestellt und bezahlt seine Sachen, sucht sich einen Platz draußen (doch zu kalt) oder an den Hochtischen innen und bekommt sein Essen. Johanna nahm ein Thunfisch-Tartar, ich Lachs-Tacos und Gamberi Rossi. Letztere waren für mich auch neu. Das Fleisch hat eine deutlich andere Textur als die üblichen Garnelen. Eher weicher. Sehr interessant. Auf dem Rückweg zögerte Johanna kurz an einem Crêpes-Stand, aber auf Nutella hatte sie dann doch keine Lust. Um die Ecke gab es aber eine Crêperie, wo wir die einzigen Gäste wurden. Die Speisekarte gab es nur als QR Code und dann auf Italienisch. Ganz entgegen unserer sonstigen Gewohnheiten bestellten wir tatsächlich Crêpes mit dunkler Schokolade und Grand Manier (Johanna) bzw. Pistazien (ich). Das passte zwar eigentlich nicht dazu, wir hatten aber immer noch Durst. Und die Grappe mussten dann auch noch sein. Die ganze Zeit über beobachteten wir, wie Heerscharen flanierender Italiener Richtung Hafen zogen. Und zahllose Autos. Bereits am Mittag waren alle Parkplätze rund um das Hafenbecken belegt. Wo all die Leute parken wollten, war uns echt ein Rätsel.
Schließlich zogen wir uns aber auf unser Hotelzimmer zurück und ließen die Italiener alleine feiern.

Gargano

01. Mai 2023


{Am späteren Abend}
Ein durchweg schwieriger Tag. Das betraf sowohl die Wetterentwicklung als auch die beiden Haupt-Besichtigungspunkte.
Aber von vorne.
Heute standen der italienische Stiefelsporn, der Gargano mit zwei Pilgerstätten auf dem Programm. Und es war richtig Regen angesagt.
Zumindest auf dem Weg zur nördlich von Trani gelegenen Halbinsel war noch alles gut. Wir fuhren über die flache, landwirtschaftlich stark genutzte Ebene. Auffällig waren die riesigen Salinen, die über Kanäle mit Meerwasser versorgt und in denen dann Meersalz gewonnen wird. Ich hoffe mal, dass wir nach Wochenende und Feiertag mal einen Lebensmittelladen finden.
Die wenigen Orte auf dem Weg, die wir durchquerten, hinterließen ein zwiespältiges Bild. Die Wohnbebauung besteht weitestgehend aus Mehrfamilienhäusern mittleren Ausmaßes. Alles irgendwie etwas heruntergekommen. Die für DACH typische Bebauung an den Ortsrandlagen mit Einfamilienhäusern fehlt hier völlig. Gestern waren wir auf dem Weg zum Castel del Monte an einigen Grundstücken vorbei gekommen, die riesig waren und ein ganzen Stück hinter der Straße dann das Wohnhaus aufwiesen. Dieses in allen "Preislagen". So etwas gab es auf unserer Route heute gar nicht. Den Boxenstopp legten wir in Manfredonia kurz vorm Aufstieg zum Gargano ein. Aufgrund des Feiertags fand sich nur eine offene Bar, in die ein Großteil der Gruppe zum "Input/Output", wie es unsere Reiseleiterin nannte, einfiel. Ich ging währenddessen hinunter an den Hafen, um ein paar Aufnahmen zu machen.
Hinter Manfrediona schraubt sich die Serpentinenstraße von Meereshöhe hinauf auf das über 800 m hoch gelegene Monte Sant'Angelo. Vom Parkplatz aus liefen wir an der Ruine des Kastells vorbei über die recht steil nach unten führende und von Souvenir- und Devotionalienläden gesäumte Gasse zur ersten Pilgerstätte, dem Santuario di San Michele, der Wallfahrtskirche des Hl. Michael. Das stellt sich tatsächlich erst einmal recht kleinräumig dar. Der schöne Campanile steht ein Stück an einer Ecke des kleinen Vorplatzes vor dem Eingangsportikus.
Von da aus geht es steile Treppen nach unten. Und hier war Geduld angesagt. Vor uns waren wohl einige Pilgergruppen unterwegs, was ein zügiges Vorankommen unmöglich machte. Spätestens nach der zweiten Linkswendung stockte der Vortrieb auf längere Zeit. Johanna gab schließlich auf und machte sich an den Wiederaufstieg. Als plötzlich Massen an Menschen von unten aufstiegen, machten sich der Rest der Gruppe Hoffnung, dass es nun endlich weiterginge. Mitnichten. Erst als zwei weiter Pilgergruppen mit Standarten aufgestiegen waren, war der Weg endlich frei zur Grotte. Der unterirdische Komplex besteht aus mehreren Teilen. Man gelangt zunächst in ein Atrium, das tatsächlich natürliches Licht von oben erhält. Hinter dem Löwentorerreicht man zunächst die gotische Vorkirche, die aber für den Laien nicht als eingeständiger Komplex erkennbar ist. Vielmehr sieht es wie einfach ein Bereich vor der rechts davon befindlichen Grotte aus. Mehrere Altäre verteilen sich in Vorkirche und Grotte. Wir konnten uns nicht lange aufhalten und hatten schon gar keine Zeit für Erläuterungen. Während unserer Anwesenheit war gerade ein englischsprachiger Gottesdienst im Gange. Und die Grotte war immer noch gut gefüllt. Wo all die Menschen vorhin gestanden hatten, die uns entgegen gekommen waren, war schwer verständlich.
Bereits nach kurzer Zeit machten wir uns wieder an den Aufstieg. Oben hatte sich inzwischen die Wettersituation massiv verschlechtert. Verschlußzustand, auch für die Fototasche war angesagt. Und das sollte auch für den Rest des Tages so bleiben.
Ein paar Schritte weiter befindet sich der Komplex aus San Pietro und San Giovanni Battista in Tomba. Diesen Komplex und insbesondere die Architektur von San Giovanni fand ich viel spannender als den Wallfahrtsort. Leider konnte man ob des starken Regens das Ambiente nicht so richtig auf sich wirken lassen. Neben dem Regen kam nun auch noch der Nebel hinzu, der sich in der kurzen Zeit, während der wir in San Pietro waren, gebildet hatte und durchaus die Nebelschlussleuchte erlaubt hätte.
Die anschließende Freizeit auf eigene Faust nutzten nur die wenigsten in der Gruppe. Der Rest fiel in das direkt neben San Pietro gelegene Restaurant ein. Bruschetta und Käse sowie Orechiette mit Soße und Beilagensalat, dazu ein Weinchen ließen das Sauwetter draußen eine kurze Zeit lang vergessen.
Johanna und ich begannen den Aufstieg zum Busparkplatz. Das Kastell war selbst vom unmittelbar daran vorbeiführenden Weg ob des Nebels kaum zu erkennen. Unseren Bus fanden wir aber dann doch.

Der Weg wieder hinunter nach San Giovanni Rotondo war zwar auch serpentinenartig, aber nicht ganz so extrem wie die Straße nach oben.
Am Zielort angekommen hieß es mal wieder umsteigen in Shuttlebusse, die uns ein paar hundert Meter weiter zu einer Haltestelle in der Nähe des zweiten heutigen Wallfahrtsorts brachten. Die moderne Kirche San Pio da Pietrelcina des Architekten Renzo Piano ist dem angeblich wundertätigen Padre Pio gewidmet, dessen Leiche in der Unterkirche ausgestellt ist. An dieser Stelle ist übrigens der DuMont Kunstreiseführer Apulien (6. Auflage von 2012) nicht auf dem aktuellen Stand. Der weiß von der neuen Kirche nichts und erwähnt nur die Basilika Santa Maria delle Grazie.
Der ganze Komplex ließ uns ziemlich ratlos zurück.
Über einen riesigen leicht abfallenden Platz erreicht man die Kirche, deren Architektur so gar nicht dem gewohnten Bild entspricht. Das wäre ja erst einmal auch nicht verkehrt. Aber von der Platzseite wirkt der wie eine flache liegende Ellipse wirkende Bau einfach überhaupt nicht.
Auf dem Weg zur Unterkirche, der zwar mit modernen Mosaiken der Wundertaten des Padre Pio geschmückt ist, ansonsten aber wie der Gang in einem Großflughafen wirkt, stieg die Verwirrung. Was hatte sich der Architekt bei der Konzeption der labyrinthartigen Gänge unter der Hauptkirche gedacht? Die Unterkirche selbst ist komplett ausgekleidet mit modernen Mosaiken, sowohl figürlichen als auch abstrakten. In einer runden Säulen liegt der Leichnam des Padre Pio mit seinem wachs- oder kunststoffüberzogenen Gesicht. Ich finde solche Inszenierungen von Toten immer befremdlich. Sei es ein umstrittener Padre oder ein Diktator wie Ho Chi Minh (in dessen Grabmal in Hanoi wir waren). Nun wollten wir in die Hauptkirche. Allein das Gewirr an Gängen stellte sich als echte Herausforderung dar und der Sinn erschloss sich immer noch nicht. Aber schließlich fanden sich alle im Kircheninneren wieder. Und auch hier wieder völlige Verwirrung ob der Architektur. Erst der Text, den unsere Reiseleiterin rezitierte, ließ wenigsten eine Bewunderung für die ingenieurtechnische Meisterleistung der selbsttragenden Steinbögen aufkommen. Aber selbst das konnte den Eindruck nicht vertreiben, dass der Architekt irgendetwas Übles geraucht haben musste. Zu einer gewissen Ehrenrettung trugen lediglich das Eingangsportal und die interessante Anordnung der Glocken nebeneinander im Vorhof bei.
Die lange Fahrt zurück nach Trani wurde etwas kurzweiliger durch die Vorträge unserer Reiseleitung, aber auch die Blumenwiesen zwischen den Feldern rechts und links der Straße. Wiesen mit gelben Blumen und leuchtend rotem Mohn, ganze Gruppen von Wildem Fenchel und vielen anderen blühenden Wiesenblumen hätte richtig toll ausgesehen, wenn nicht der Dauerregen gewesen wäre.
Im Hotel wechselten wir nur kurz ein paar Kleidungsstücke und liefen dann wieder los in der Hoffnung, bereits zu solch früher Stunde (es war inzwischen so gegen 19:00 Uhr) noch etwas zu essen zu bekommen. Wir fanden nach kurzer Suche ein kleines Lokal in einer Seitenstraße, die bereit waren, schon jetzt Gäste zu bewirten, wobei wir tatsächlich die ersten waren. Wir bestellten zwei Pizzen. Johanna mit Käse, rohem Schinken und Burrata. Ich mit Bresaola, Rucola und Käse. Sehr gut! Ich bekam nicht nur einen Teil von Johannas Burrata ab, sondern später noch die zweite Hälfte ihrer Pizza. Wie bereits unsere Reiseleiterin unterwegs angemerkt hatte, hat die Burrata hier nur wenig mit dem zu tun, was wir bei uns unter dem Namen bekommen. Das innere schmeckte wie und war sicherlich auch richtige Sahne. Auch mein Primitivo war nicht schlecht. Zwischendrin hatte noch ein anderes Ehepaar aus unserer Gruppe das Lokal entdeckt und später kamen auch die Gäste einer kleinen Feier in das Lokal.