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Reisen

Sonntag 28.09.

Anreise

Morgens gegen 8:30 Uhr kommt mein Vater zu uns. Wir treffen die letzten Vorbereitungen, packen noch ein paar Brötchen und Mineralwasser ein, verladen das Gepäck und machen uns auf den Weg nach Süden. Patric hat mir am Abend zuvor noch mal erklärt, wie man in Rastatt zu seiner Wohnung findet. Kurz vor der Ausfahrt übernehme ich dann die Führung, die bis dahin Johanna innehatte. Patric und Karin warten schon. Patric hatte mich gebeten, ein paar Bilder von seinem neuen Fernseher und seiner neuen Stereoanlage zu machen (aus Sicherheitsgründen). Das ist auch schnell erledigt. Johanna und mein Vater warten so lange in den beiden Autos. Nachdem auch das Gepäck von Karin und Patric untergebracht ist, machen wir uns wieder auf. Mein Vater fährt bei mir mit. Die anderen beiden bei Johanna, die auch wieder die Führung übernimmt.

Da kaum Verkehr herrscht geht es zügig weiter. Unmittelbar nach der Schweizer Grenze machen wir einen ersten Halt. Während wir nacheinander die Toilette aufsuchen, beobachten wir wie ein Streifenwagen der deutschen Polizei einen Schweizer Kleinwagen mit zwei jungen Männern und einer jungen Frau durchsuchen. Irgendwie dachte ich eigentlich, dass wir schon auf Schweizer Staatsgebiet seien. Jedenfalls durchsuchen die Polizisten sowohl die drei Leute als auch den Wagen ausgesprochen gründlich. Schließlich wird das Auto von einem Polizisten auf einem Parkplatz abgestellt und verschlossen. Keine Ahnung, was da abgelaufen ist.

Wir vereinbaren, bei Luzern den nächsten Halt einzulegen, damit Patric mit Johanna das Steuer tauschen kann, da Johanna nicht die langen Tunnels fahren möchte und es kurz nach Luzern einen 9km langen Tunnel gibt.

Allerdings verpassen wir diese Raststätte und halten erst kurz vor dem Gotthard-Tunnel. Johanna hat den einen langen Tunnel zum Glück gut überstanden. Patric übernimmt nun die Führung. Aufgrund des geringen Sonntagsverkehrs ist auch die Durchfahrt durch den Gotthard völlig problemlos. Das Wetter wird nun unbeständiger und es regnet immer mal wieder. Die letzte Rast machen wir dann bei Como. Auch auf der italienischen Seite geht es zügig weiter, eher noch schneller, aufgrund des höheren Geschwindigkeitslimits. Die entscheidende Abzweigung vor Mailand auf die Tangenziale Ovest erwischen wir auch.

Unsere ausgedruckten Anfahrtsbeschreibungen machen uns erst beim Verlassen der Autobahn bei Asti erste Probleme. Mein Vater liest nicht schnell genug vor und so haben wir die Abzweigung nach Alba auch schon verpasst, als er im Text bei der entsprechenden Passage angekommen ist. Also zwei Mal wenden auf einer belebten Staatsstrasse und wir sind wieder auf dem richtigen Weg. Bei Alba gibt es aber dann richtig Probleme. Die übliche Beschreibung nach der Art „Fahren sie nach 3.98km halbrechts raus in die Via XY“, wobei man natürlich wieder mal nicht auf den Tacho geschaut hat und an einer großen Ausfallstraße schon gar kein Straßenschild steht, bringt auch hier wieder Schwierigkeiten. Wir wählen eine Abfahrt von der Staatsstrasse, die irgendwie der Beschreibung entspricht. Auch die zwei Kreisverkehre durchfahren wir. Dann kommen allerdings noch ein paar Kreisel und eine Übereinstimmung zwischen der Beschreibung und der Realität ist nicht festzustellen. Als mein Vater und ich kurz Anhalten, um noch mal die Karten anzuschauen, zieht Patric vorbei und uns bleibt nichts anderes übrig, als hinterher zu fahren. 

In Alba scheint an diesem Sonntag auch noch ein Fest im Gange zu sein. wie wir später erfahren ein Weinfest, das wir damit ebenso versäumen wie den Trüffelmarkt, der am Wochenende nach unserer Abreise beginnt.

Plötzlich taucht an einem Kreisverkehr tatsächlich ein Wegweiser Richtung Diano d’Alba auf. Aber bereits am nächsten Kreisverkehr landen wir wieder in der falschen Richtung. Eine erneute Wende bringt uns dann aber doch auf eine Straße, die in der Anfahrtsbeschreibung vermerkt ist.

Diano d'Alba

Das Wetter ist recht trübe und es hat geregnet. Die Straße nach Diano führt aus Alba heraus und windet sich dann die Hügel hoch. In einer Kurve rutscht mir tatsächlich der Wagen etwas weg. Später erzählen die anderen, dass ihnen das auch mehrmals passiert war. Schließlich erreichen wir nach einigen Kilometern und fast auf dem Gipfel des Hügels das Ortsschild von Diano d’Alba. Nun wird es allerdings richtig kompliziert. Die Anfahrtsbeschreibung enthält keinerlei Informationen darüber, wo die Strasse und unsere Unterkunft zu finden sind. Und in dieser Gegend bedeutet ein Ortsschild erst einmal relativ wenig. Wie wir in den nächsten Tagen feststellen werden, gehören neben dem eigentlich Ortskern auch die Weingüter außerhalb und andere Gebäudeansammlungen (sog. Frazione) zum Ort. Wir haben jedenfalls keine Idee, wo denn nun die Via Alba sein könnte. Patric biegt irgendwann von der Hauptstrasse nach links ab und fragt eine Passantin, die im Regen zu einem unbekannten Ziel unterwegs ist. Relativ ratlos kommt er wieder zurück. Schließlich landen wir auf dem zentralen Platz des Ortes mit dem Kirchenhügel und der einzigen Gaststätte. Dort kann man uns endlich weiterhelfen. Eine schmale, steile Strasse sollen wir hinunterfahren, dort sei das Weingut. Die Straße ist wirklich sehr steil und unten wissen wir immer noch nicht, ob rechts oder links. Wir entscheiden uns für rechts, was auch prompt falsch ist. Nach einer weiteren Wende erreichen wir schließlich die Via Alba 18 mit dem Haus von Simone Castella. Davor befindet sich ein großer Platz, auf dem wir erst einmal die Autos abstellen. Mein Vater und ich klingeln und werden von Signora Castella empfangen.

Azienda Agrituristica Castella di Simone Castella

Das Anwesen besteht aus zwei zweistöckigen im spitzen Winkel zueinander stehenden Gebäuden direkt am Ortsrand mit Blick Richtung Osten auf die Hügel, die kleinen Ortschaften, die Kastelle und die Weinberge. Das rechte Gebäude ist das Wohnhaus der Familie. Im linken Gebäude war wohl früher der eigentliche Weinkeller untergebracht. Hier befinden sich um Erdgeschoss drei und im ersten Stock zwei Zimmer. Mein Vater bekommt sein Zimmer im Erdgeschoss. Die beiden Doppelzimmer im ersten Stock beziehen Karin und Patric bzw. Johanna und ich. Unser gemeinsames Badezimmer befindet sich am Ende des kurzen Ganges. Die Zimmer sind recht spartanisch eingerichtet, aber alles sieht neu gefliest und sehr sauber aus. Das Badezimmer ist ziemlich geräumig und macht ebenfalls einen recht neuen Eindruck. Am anderen Ende des Ganges im ersten Stock befindet sich ein Raum mit zwei Tischen und einer Küchenzeile. An zwei der Wände hängen Regale. Auf einem sind verschiedene Spezialitäten der Region aufgestellt, insbesondere Varianten von Haselnüssen. Auf dem anderen stehet jeweils eine Flasche der Weine und Grappe, die das Weingut herstellt. Vor dem Küchenraum ist ein kleiner Wintergarten angeordnet und die Verbindung zum Wohnhaus der Castellos stellt eine Terrasse mit Liegestühlen her. Von der Terrasse aus hätte man im Prinzip (und wie sich am nächsten Tag herausstellt auch tatsächlich) einen fantastischen Blick auf die Hügellandschaft westlich von Diano.

Bei der kleinen Führung durch das Haus stellt sich erst einmal heraus, das mindestens mal Signora Castella nur italienisch spricht (die englische Korrespondenz war vom Schwiegersohn verfasst worden, der allerdings nicht anwesend ist). Also muss ich meine lange verschütteten Italienischkenntnisse hervor kramen. Damit erfahren wir schließlich, wie das mit den Schlüsseln, dem Wein auf dem Regel und dem Frühstück abläuft. Außerdem erreichen wir, dass uns Signora Castella in dem Restaurant im Ort für 20:00 Uhr einen Tisch zum Abendessen reservieren lässt. Da es jetzt gerade mal etwa 16:30 ist, andererseits aber das Wetter auch nicht gerade zu Ausflügen einlädt, hängen wir erst einmal einfach nur herum. Das Gebäude muss früher wirklich der eigentliche Weinherstellungsbereich gewesen sein. Jedenfalls ist es ziemlich kalt und die Heizung ist nicht eingeschaltet. Selbst an den anderen Tagen, als die Außentemperaturen in den Zwanzigern liegen, bleibt es innen immer noch kalt.

Kurz nach 19:00 Uhr machen wir uns dann auf den Weg die steile Straße hinauf zur Locanda d’Batista, so der Name des Lokals in der Ortsmitte. An das Restaurant ist eine Bar angeschlossen, in der wir erst einmal einen wärmenden Capuccino nehmen. In einem Nebenraum versammelt sich inzwischen die ältere Dorfjugend. Dort ist ein Fernseher aufgestellt und der Start des Formel-1 Rennens in Indianapolis steht unmittelbar bevor. Pünktlich um 20:00 Uhr wird schließlich die Tür zum Restaurant geöffnet, und, was wir eigentlich nicht erwartet hatten, das Lokal ist innerhalb kurzer Zeit recht voll, nicht nur mit anderen Touristen. Die Speisekarte ist einfach. Es gibt für Antipasti, Primo Piatto, Secondo Piatto und Nachtisch jeweils drei Möglichkeiten zur Auswahl. Ich entscheide mich für lauwarme Paprika in Soße, Risotto mit Steinpilzen und Käse sowie Schweinebraten in Weißweinsoße mit Gemüse und Backkartoffel. Da Karin keinen Rotwein trinkt ordern wir Weißwein, während mein Vater sich für den Roten aus dem Fass entscheidet.

Die Art und Weise in der hier das Essen serviert wird, habe ich so auch noch nirgends gesehen. Sind ein order mehrere Portionen eines Gerichtes fertig, läuft eine der Bedienungen mit einer entsprechenden Platte oder Schüssel durch das Lokal und verteilt die Portionen auf die Gäste, die eben diesen Gang bestellt hatten.  Dass die jeweiligen Gänge für einen Tisch gleichzeitig ankommen, darf man bei der Methode natürlich nicht erwarten. Das tut dem Erlebnis aber keinen Abbruch. Das Essen stellt sich durchweg als sehr schmackhaft heraus, Johanna löffelt zufrieden ihre Kutteln. Statt eines Nachtisches ordern wir schließlich Grappa. Aber auch hier erleben wir dann eine angenehme Überraschung. Es wird einfach die Flasche zusammen mit den Gläsern auf den Tisch gestellt zur Selbstbedienung. Der Grappa ist zwar nicht der beste, tut aber nach dem reichlichen Essen gut. Fröhlich kehren wir zu unserer Unterkunft zurück und beschließen den ersten Tag unseren gemeinsamen Urlaubs.

Allerdings kann ich in der Nacht kaum schlafen. Was aber nicht an dem für uns ungewohnt schmalen Bett und der gemeinsamen Decke liegt. Wahrscheinlich bin ich einfach zu überdreht.