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Reisen

Donnerstag 02.10.

Barbaresco, Neive

Nach einem ausführlichen Frühstück, das wir wie gehabt mit Käse und Wurst aufbessern, machen wir uns auf zur letzten Besichtigungstour. Von Alba aus nehmen wir, wie im Reiseführer vorgeschlagen, nicht den direkten Weg nach Barbaresco, sondern über S. Rocco Seno d’Elvio und Treiso. Halt machen wir dabei nicht, trotzdem ist die Fahrt über die kleinen Straßen, die mitten durch die Weinberge führen recht interessant. Irgendwo zwischen den Hügeln verpassen wir den richtigen Weg und landen schließlich am Ende der Straße bei einem kleinen Weiler. Die Leute dort schauen etwas merkwürdig, da wir hier ja offensichtlich nicht hingehören. Bei Treiso kommen wir zurück zur Hauptstrasse und fahren direkt weiter nach Barbaresco. Ob der fortgeschrittenen Zeit beschließen wir, zunächst nur die regionale Önothek in der Ortsmitte aufzusuchen und die Besichtigung auf später zu verschieben. Mein Vater und ich probieren einige der Weine in der Önothek. Nach einigen Versuchen erwerbe ich drei verschiedene Flaschen etwas höherpreisigen Barbarescos.

Grund für unsere Eile ist der Plan, von Patric aufgebracht, in Neive die berühmte Grappabrennerei von Romano Levi zu besuchen ( http://www.romanolevi.net ). Also fahren wir weiter nach Neive, allerdings in den auf dem Hügel liegenden alten Ortsteil. Dort ist es relativ ausgestorben und da wir keine Adresse haben, suchen wir etwas ratlos umher. Schließlich fragt Patric eine Passantin. Wir verstehen soviel, dass wir wieder hinter müssen in den neuen Teil des Ortes, dort soll Levi in der Nähe des Bahnhofs wohnen. Also wieder zurück und den Hügel hinunter. Wir kurven um den Bahnhof, ohne fündig zu werden. Nächste Anlaufstelle ist dann ein Blumengeschäft. Die Frau dort weist uns den Weg zur Hauptstraße auf der anderen Seite der Bahnlinie. Doch auch dort werden wir zunächst nicht fündig. Erst ein Stück weiter die Strasse entlang entdecken wir an einer Straßenkreuzung ein kleines altes Haus. Das große Gartentor steht offen, drinnen laufen, etwas unschlüssig ein paar andere Besucher umher. Der Hof und der Garten sind ziemlich verwildert. Hinter dem Haus lagern unter einem Vordach die gepressten Tresterballen. Der Raum mit der Brennerei liegt gleich daneben. Darin findet sich die Brennanlage. An der Wand Etiketten und Bilder mit den typischen Zeichnungen Levis. Auf einem Tablett steht eine Flasche Grappa und ein paar Plastikbecher. Ein Angestellter lädt uns zum Probieren ein und fragt, ob wir den gerne Grappa hätten und wie viel. Die Anzahl „sechs“, die noch um eine weitere Flasche ergänzt wird, da sich in dem Brennraum noch eine andere Besucherin aufhält, löst bei dem Angestellten erst mal (gespieltes) Entsetzen aus. Wir reduzieren auf drei und er verschwindet. Einige Minuten später taucht er wieder auf und meint, dass es jetzt keinen Grappa gäbe, wir sollten gegen 14:30 wieder kommen.

Eingang in die Altstadt von Neive

Wir also wieder zurück zum Auto und wieder hinauf in den alten Ortsteil. Der ist zwar schön anzuschauen, aber nicht so umfangreich, als dass man dort in der Mittagszeit zwei oder drei Stunden verbringen könnte. Irgendwie sind wir auch durstig. Auf der Piazza Cocito entdecken wir ein Restaurant, das einen guten Eindruck macht und offen zu sein scheint, wenn wir auch niemanden entdecken können. Auch wenn wir keinen Hunger haben, macht doch die aushängende Speisekarte irgendwie Laune. Also setzen wir uns draußen unter das Vordach und warten auf eine Bedienung. Das dauert zwar eine Weile, da wir anscheinend tatsächlich die einzigen Gäste sind, aber was danach folgt, ist ausgesprochen erfreulich. Nicht nur der erstklassige Service, auch das Essen und der Wein sind ein Genuss. Wir verzichten zwar auf ein mehrgängiges Menü, sondern ordern nur einzelne Gänge (z.B. Traditioneller Russischer Salat; In Barbaresco geschmorter Kalbsschwanz vom Piemonteser Kalb; Filet vom Fassone-Kalb mit schwarzem Trüffel), aber auch das ist überhaupt kein Problem. Das Essen ist wirklich hervorragend und auch mit dem Wein, der auch glasweise angeboten wird, sind wir sehr zufrieden. Damit stellt das „La Contea“ auf jeden Fall ein Highlight unserer Tour da ( http://www.la-contea.it ). Leider hat der kleine Laden „Im Nest der Kohlmeise“ an der Schmalseite des Platzes, der auch zum „La Contea“ gehört, inzwischen Mittagspause. Gerne hätte ich von dem Wein, der aus eigener Produktion von Tonino und Claudia, den Besitzern des Restaurants, stammt, gekauft.

Ristorante "La Contea"

Weinhandlung "Al nido della Cinciallegra" ("Im Nest der Kohlmeise")

Roman und Johanna Kuhn

 

Gerd Kuhn

Katharina Matuschek und Patric Steinbrenner

Nach dem Essen machen wir noch einen Rundgang durch den Ort, bevor wir wieder ins Tal fahren, um bei Romano Levi noch mal unser Glück zu versuchen.

Das Gemeindehaus in Neive

Im Hof lungert inzwischen eine größere Zahl Besucher herum. Ein junges Paar scheint gerade eine Flasche Grappe in ihren Rucksack zu verpacken. Patric, mein Vater und ich gehen wieder in die Brennstube und beobachten, wie der Brennofen mit Trester gefüllt wird. Auch ein Grappa trinken wir noch. Zurück im Hof berichtet uns Karin, dass inzwischen jemand an der Tür des Hauses nach dem Grappa gefragt und zur Auskunft bekommen habe, dass man doch am nächsten Tag am Nachmittag noch mal kommen solle. Eine Traube von Bittstellern diskutiert heftig im Hof vor dem Haus

In der Brennerei von Romano Levi

Uns wird es jetzt endgültig zu bunt und wir gehen. Nicht nur ich ärgere mich und zwar nicht deswegen, weil wir keinen Grappa bekommen haben, sondern weil das Ganze eigentlich ein ziemliches Affentheater ist. Da macht jemand Grappa, anscheinend auch einen recht guten, ok. Der Grappa muss irgendwie verkauft werden, auch ok. Aber was soll das Getue mit dem Anstehen vor der Brennerei und dem Gefühl, den Launen eines exzentrischen alten Mannes ausgeliefert zu sein? Entweder will er seinen Grappa verkaufen, dann sollte er einen regulären Verkauf in seinem Hof aufmachen. Oder er will seinen Grappa nicht verkaufen, dann sollte er sein Hoftor abschließen. Ich frage mich, wie diese Situation entstehen konnte. Waren es die Reisebuchschriftsteller, die den „Geheimtipp“ in die Welt gesetzt haben, worauf dann natürlich jeder Tourist, der in der Nähe ist, zu der Brennerei hinpilgern muss? Fühlt sich Romano Levi durch die Scharen von Bittstellern und Pilgern geschmeichelt oder genervt? Welche Rolle spielen die Angestellten? Tragen sie auch noch ihren Teil zur Gesamtsituation bei? Ich gönne jedem seine Flasche Grappa, die er dort auf die eine oder andere Weise bekommen hat. Ich für meinen Teil verzichte allerdings lieber darauf, bevor ich mich in einer solchen Situation zum Deppen mache.

Barbaresco

Nach dieser Erfahrung machen wir uns, weiterhin diskutierend, wieder auf den Rückweg nach Barbaresco. Im Ortskern gibt es eigentlich nur die kleine Kirche und den Wachturm zu sehen. Die Kirche ist auch hier wegen Renovierung geschlossen. Gleich daneben befindet sich aber ein größerer Weinladen, wo man verschiedene Weinsorten, aber auch Käse, Wurst und Salami probieren und natürlich auch einkaufen kann. Der Wein sagt uns nicht so sehr zu, aber einige Salamis wechseln ihre Besitzer.

Zurück in Diano steht für heute noch Weinprobe und Besichtigung des Weingutes bei Familie Castella auf dem Programm. Signora Castella teilt uns mit, wann die Probe beginnt und dass noch ein befreundetes Paar aus Deutschland erwartet wird. Zu diesem Programmpunkt lässt sich schließlich nur noch mein Vater überreden. In einem wohnzimmerähnlichen Raum versammeln wir uns schließlich. Das deutsche Paar stellt sich als eifrige Italienurlauber heraus, die auf dem Rückweg nach Deutschland mal wieder bei Castella vorbeischauen wollen, um Wein einzukaufen. Er erzählt, dass sie schon seit vielen Jahren immer wieder hier vorbei kommen. Er spricht fließend italienisch und übersetzt ab und zu die Erklärungen von Herrn Castella zu seinem Wein. Einiges verstehe ich ja auch noch und so wird das Ganze recht unterhaltsam. Zwischendrin tauchen noch zwei weitere Deutsche auf, die auf der Suche nach einer Unterkunft sind. Die Tochter des Hauses, Claudia, telefoniert und organisiert schließlich vor die beiden Männer eine Unterkunft in einem Nachbarort. Inzwischen nehmen die beiden auch an der Weinprobe teil. Einer der Weine hat es sowohl mir, als auch dem italienisch sprechenden Deutschen angetan. Auf Nachfrage bei Signore Castella stellt sich heraus, dass er davon nur noch wenige Flaschen hat. Bei einem spontanen Besuch im Vorratsraum reservieren wir uns beide deshalb jeweils einen Karton. Nach der Weinprobe geht es dann noch zum eigentlichen Weingut. Jetzt wird auch klar, warum wir hier im Haus nichts dergleichen gefunden haben. Etwas außerhalb von Diano, mitten in den Weinbergen in einer traumhaften Lage hat Familie Castella ein weiteres Haus, das vom Sohn mit seiner Familie bewohnt wird. Dort befindet sich auch noch ein Appartement und ein kleines Gästehaus, das ebenfalls zu mieten ist. Auf dem Gelände liegt auch der Barbecue-Platz, auf den im Haus in Diano hingewiesen wird. Im Erdgeschoss des Hauses ist die eigentlich Weinkellerei untergebracht. Das alles ist sehr überschaubar. Ein paar Fässer, eine kleine Abfüllanlage, eine Kelter. Das ist es auch schon. Nach etwas Fachsimpeln in Deutsch, Italienisch und Gestensprache geht es wieder zurück ins Dorf.

Am Abend wandern wir wieder hinauf zur Locanda d’Batista, wo wir unser abschließendes Abendessen einnehmen. Da man bei Castellas mit keinerlei Karten bezahlen kann, nutze ich die Gelegenheit gleich, um am Bankautomaten größere Mengen Bargeldes zu ziehen. Zum Glück gibt es so etwas in dem kleinen Ort und auch der Geldvorrat reicht aus.

Freitag, 03.10.2003 – Rückreise

Früher als sonst nehmen wir unser letztes Frühstück ein. Claudia Castella, die wir bereits des öfteren mit einem Fotoapparat gesehen hatten, macht nun noch ein Gruppenfoto auf der Terrasse bevor wir uns verabschieden.

Nach dem Frühstück stellen wir uns erst einmal der größten Herausforderung des heutigen Tages, nämlich dem Beladen der beiden Fahrzeuge. Nicht nur das Reisegepäck muss untergebracht werden, sondern insbesondere unsere Einkäufe. Und das bedeutet bei fünf Personen, die alle eifrige Weintrinker sind, doch eine größere Anzahl an Kisten. Hinzu kommen die kleineren Sachen, wie Nudeln und Trüffel. Mein Vater will eigentlich den Trüffel, den er für seine Bekannte eingekauft hatte, im Inneren des Autos transportieren. Nach einigen Minuten entschließen wir uns aber, das Päckchen doch in den Kofferraum zu packen. Trüffel riechen halt doch recht intensiv. Aber schließlich ist dann doch alles irgendwie verstaut und wir machen uns auf den Rückweg. Die Fahrt verläuft weitestgehend ereignislos. Lediglich ein Unfall im Gotthard-Tunnel und die damit verbundene Sperre erzwingt ein längeres Herumstehen auf der Autobahn kurz vor der Tunneleinfahrt.

In Rastatt verabschieden wir uns von Karin und Patric, in Forst packt mein Vater seine Sachen um und damit geht dann endgültig unser kurzer Urlaub zu ende.