Der Norden

Sonntag, 14. September 2014

Für den Sonntag hatten wir Ziele im Norden der Provinz Vicenza und der angrenzenden Provinz Treviso geplant. Dabei wollten wir auch versuchen, in Marostica Karten für das Schachspiel „La partita a scacchi“ zu bekommen. Aber erst einmal steuerten wir Thiene an, eigentlich nur wegen der Villa Castello Porto Colleoni-Thiene aus dem 15. Jhdt. auf dem Marktplatz. Bereits bei der Anfahrt auf einen Parkplatz fiel uns die Vielzahl von Menschen auf. Das erschien uns ungewöhnlich für einen Sonntag. Der Zugang zur Villa war erst einmal verwehrt, da das Gelände für eine Pflanzenausstellung genutzt wurde. Wir liefen also erst einmal eine Straße weiter zum Ortskern. Auch dort war reichlich Betrieb. Eine ganze Reihe von Ständen offerierten landwirtschaftliche Produkte aus der Gegend und Kunsthandwerk. Dann aber opferten wir doch die paar Euro für den Zutritt zum Gelände der Villa. Der gesamte Hof vor dem Gebäude war belegt mit Ständen, die verschiedenste Arten von Blumen und anderer Pflanzen offerierten.

Bevor ich den Kern der Ausstellung, nämlich die Ochideen-Ausstellung im offenen Erdgeschoß der Villa anschaute, ging ich erst mal in die Scuderia. Auch im ehemaligen Stall waren Stände aufgebaut. Viel interessanter waren aber, dass die ehemaligen Pferdeboxen noch an den Säulen erkennbar waren, auf denen verschiedene Putti thronten.

Im offenen Erdgeschoss der Villa waren die Stände mit Orchideen untergebracht. Selbst die angrenzenden Zimmer mit Kamin und Fresken waren mit Orchideen angefüllt, was in den Räumlichkeiten eine ganz eigene Komposition ergab.

Von Thiene fuhren wir weiter nach Marostica. Dort hatten wir erst mal Probleme, einen Parkplatz zu finden. Die beiden Parkplätze links und rechts des Castello Inferiore waren offiziell gesperrt (was aber außer uns die meisten nicht interessierte). Wir setzten unsere Frauen also erst einmal ab und mit Fritz suchte ich weiter nach einer Abstellmöglichkeiten. Diese fanden wir schließlich in einem Wohnviertel.

Von dort aus waren auch die Mauern gut erkennbar die nicht nur den Ort einschließen, sondern sich den Hügel hinaufziehen und dort das Castello Superiore einschließen. Der steile Hang selbst ist nicht bebaut, sondern bewachsen.

Der zentrale Platz direkt hinter dem Castello Inferiore war vollständig angefüllt mit dem Spielplatz für das Schachspiel und den diese an drei Seiten umgebenden Tribünen.

Im Informationszentrum waren tatsächlich noch Karten für die 21:00 Uhr Vorstellung zu bekommen, womit wir ehrlich gesagt nicht gerechnet hatten.

Da es inzwischen wieder Mittag geworden war, suchten wir die im Reiseführer erwähnte Osteria auf, um Plätze für den Abend zu reservieren. Diese war allerdings schon ausgebucht. Der Wirt empfahl einen Kollegen auf der anderen Seite der Stadtmauer. Wir marschierten also entlang der straßenseitigen Stadtmauer auf die andere Seite des Ortes. Erst einmal war dort nichts von einem Lokal zu sehen. Johanna und ich suchten in Richtung des Ortes weiter, Fritz suchte ortsauswärts, während Annette den Sichtkontakt in der Mitte sicherstellte. Fritz fand das Lokal schließlich und wir machten eine Reservierung auf 19:00 Uhr. Die Wirtin empfahl dann auch einen Parkplatz auf der anderen Straßenseite. Allerdings bekamen wir hier nichts zu trinken, weil das Lokal eigentlich noch geschlossen war. Also liefen wir wieder durch den Ort auf die andere Seite zum ersten Lokal, das war aber immer noch voll. Ich war allmählich etwas ermüdet und hatte Kopfschmerzen. Gerade als wir beschlossen hatten, weiter nach Bassano del Grappa zu fahren, entdeckten wir eine kleine Bar direkt am Stadttor neben der unteren Burg. Dort stärkten wir uns erst einmal. Ich ging das Auto holen (wie noch mehrfach an diesem Tag) und wollte direkt durch den Ort an der Bar entlangfahren. Aber die Einfahrten zum Ort waren alle irgendwie Einbahnstraßen, also sammelte ich den Rest der Gruppe vor der Stadtmauer ein.

In Bassano del Grappa parkten wir an der vom Reiseführer empfohlenen Straße und liefen in den Ort.

Auch hier herrschte wieder lebhaftes Treiben und auf den zwei Plätzen im Ortsinneren gab es eine Vielzahl von Ständen, Veranstaltungen etc. Ausgestorbene Sonntags-Innenstädte scheint man hier nicht zu kennen. Oder wir hatten gerade das Wochenende der Veranstaltungen erwischt. Wir hielten uns jedoch nicht wirklich auf, sondern strebten weiter Richtung Fluss und der Ponte degli Alpini. Die Straße ging plötzlich steil nach unten. Johanna wollte erst nicht, aber dann machten wir uns doch an den Abstieg und fanden nach wenigen Schritten das Museo della Grappa der Grappa-Destillerie von Jacopo Poli. Das war zwar sehr klein, aber in den Gewölberäumen sehr nett gemacht mit viel Historie über Destillerie im Allgemeinen und den Grappa im Besonderen. Ich verschaffte mir nur einen Überblick, während Auerts im Videoraum den angebotenen Film schauten und Johanna bereits zum Shop vorausgeeilt war. Aus der Vielzahl der Grappe, die Poli im Angebot hatte, probierten wir einige ganz gezielt. Immerhin musste ich fahren und wir hatten ja noch die Abendveranstaltung in Marostica vor uns. Schließlich kauften wir zwei Taschen voller Flaschen ein, wobei da auch die Mitbringsel für meinen Vater und Lamlas dabei waren.

Da wir noch zu den anderen Grappa-Geschäften unten an der Brücke wollten, bot ich an, die Tüten erst mal zurück zum Auto zu bringen, während der Rest sich auf den weiteren Weg zur Brücke machen sollte. Ich also wieder zurück, wobei ich einen Weg nahm, der mich entlang des tief eingeschnittenen Tals der Brenta führte. Zu schade, dass keine Zeit war, die traumhafte Kulisse mehr zu genießen.

Wieder zurück fand ich Annette auf der winzigen Terrasse eines Lokals an der Straße und wenige Schritte weiter die Brücke. So gesehen, hätte ich mir den Weg zum Auto sparen können.

Johanna wartete direkt am diesseitigen Brückenkopf bei der Grapperie Ditta Bartolo Nardini, Fritz auf der anderen Seite. Zusammen mit Fritz schaute ich erst mal in einen kleinen Grappaladen hinein, wo eine Italienerin in gutem Englisch ihrer Kundschaft die Grappe erklärte. Da waren einige für mich ungewöhnliche Sorten dabei, wie ein Müller-Thurgau Grappa. Aber erst mal zurück zu Johanna und bei Nardini reingeschaut. Der Laden hatte allerdings eher Kneipencharakter, was uns nicht so richtig anmachte. Also wieder zurück über die Brücke zu dem anderen Laden. Dort probierten wir unter fachkundigen Anleitung mehrere Grappe und ich kaufte schließlich zwei Flaschen sowie ein Glas Haselnüsse in Honig.

Während Fritz und Johanna sich dann zu Annette gesellten, ging ich erst mal die Straße parallel zum Fluss zu der Terrasse, die wir von der Brücke aus gesehen hatten. Schließlich wollte ich natürlich die Brücke fotografieren. Die Terrasse gehörte zum Palazzo Sturm und von dort aus hatte man einen schönen Blick auf die Brenta und die Brücke. Bei der Gelegenheit überlegte ich mir, wo ich die Gruppe mit dem Auto abholen könnte und fand schließlich eine entsprechende Möglichkeit.

Zurück bei der Gruppe im Lokal gab ich entsprechende Anweisungen und machte mich erneut auf den Weg zurück zum Auto. Kreuz und quer durch die engen Gassen und die Publikumsströme arbeitete ich mich zum Treffpunkt vor uns sammelte schließlich die Gruppe ein.

Für die Villa Barbaro in Masèr war es eigentlich schon recht spät. Unser Navi meldete eine Ankunftszeit gegen 17:38 Uhr (bei einer Öffnungszeit bis 18:00 Uhr). Trotzdem machten wir uns auf den Weg entlang der Staatsstraße. Wie üblich hatte das Navi auf Landstraßen eine zu geringe Durchschnittsgeschwindigkeit angenommen. Gegen 17:20 Uhr parkten wir das Auto auf dem Weg zur Villa.

Ein paar Schritte (allerdings bergauf) führten uns in den Garten vor der Villa. Hinein wollte außer mir niemand. Also erwarb ich 5 Minuten vor Kassenschluss noch ein Ticket.

Ich konnte mich leider nicht mehr erinnern, welche Räume bei meinem letzten Besuch zu besichtigen waren, aber irgendwie erschienen es mir weniger. Von dem inzwischen allgemein üblichen Fotografierverbot einmal abgesehen.

Mittlerweile stand die Sonne recht weit im Westen, was Aufnahmen der Villa etwas schwierig machten. Zudem standen ein paar letzte Besucher ständig im Bild.

Schade eigentlich. Die Landvillen, die Palladio vor fast 500 Jahren entworfen hatte, haben noch einmal einen ganz anderen Charakter als die Stadtpaläste. Und gerade die Einbettung in Landschaft macht den besonderen Reiz der Villen aus.

Nach letzten Aufnahmen im Seitenlicht suchte ich die Reisegruppe. Wie vermutet fand ich sie in dem Anwesen an der zur Villa führenden Straße, wo die Möglichkeit der Weinverkostung ausgewiesen war. In dem Haus war unten ein Shop und oben eine stylische Bar untergebracht. Mehrere Tische luden auch zum Ausruhen in dem kleinen Garten ein. Nach einigem Überlegen setzten wir uns in den netten Garten und bestellten Prosecco. Nebenbei fütterten wir mit dem gereichten Knabberzeug einen kleinen Hund und einen Dackel an den Nachbartischen.

Nach einigem Nachdenken kaufte ich doch noch drei Flaschen Prosecco und ein Brett einer Weinkiste des Weingutes ein. Mittlerweile war es recht spät geworden, um rechtzeitig um 19:00 Uhr bei unserem Lokal in Marostika zu sein. Gegen 19:15 Uhr kamen wir aber doch an, schickten die Frauen zum Lokal und kreisten einmal um’s Karree, bevor wir auf dem Platz schräg gegenüber des Lokals einen Parkplatz fanden. Nicht ohne zwei Mal entgegen der Fahrtrichtung über den Platz gekreist zu sein.

Nach dem wenig aufregenden Essen liefen wir in den Ort zum Eingang des Veranstaltungsgeländes und erreichten schließlich unsere Plätze.

Mit einer Verzögerung, bis alle Besucher ihre Plätze gefunden hatten, ging das Spektakel schießlich los. Erst einmal wurde das Spielbrett aufgedeckt. Bisher war da ein Mühlebrett zu sehen. Es ist relativ schwierig, das gesamte Geschehen zu beschreiben, auch weil die Ansprachen und Dialoge (bis auf eine kurze Ausnahme am Anfang) auf Italienisch liefen. Ich verstehe zwar immer noch etwas Italienisch, aber bei weitem nicht genug, um dem Geschehen im Detail zu verfolgen.

Aber letztlich war das auch irgendwie egal. Marktszenen, die Fürstenfamilien, der Auslöser des Schachspiels, der Einzug der verschiedenen Fürstenfamilien, der Soldaten, der Handwerker- und anderer gesellschaftlicher Gruppen und schließlich der Schachfiguren dauerte eine ganze Weile. Dazwischen auch immer wieder Musikgruppen mit Fanfaren und Trommeln und natürlich die Fahnenschwenker, die ihre Kunst ausgiebig vorführten.

Das Schachspiel war dann in der 2,5 Stunden dauernden Aufführung fast Nebensache. Während des Spiels, das die beiden Bewerber um die Hand der Tochter des Stadtfürsten auf einem kleinen Podium austrugen und von den menschlichen und tierischen Figuren nachvollzogen wurde, wurden wahrscheinlich die meisten Zuschauer durch eines der weißen Pferde abgelenkt. Das ließ sich fast nicht beruhigen und schon gar nicht auf seinem Feld halten. Schließlich rückte selbst die weiße Dame mit ihren beiden Knappen zur Seite, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Aber schließlich wurde das Pferd geschlagen (natürlich nur im Spielzug) und konnte das Spielfeld verlassen. Johanna fragte irgendwann, ob denn das Spiel jetzt vorbei sei und wer gewonnen hätte. Auch mit meine minimalen Schachkenntnissen hatte ich erkannt, das Schwarz das Spiel gewonnen hatte.

Dann erfolgte die „Übergabe“ der Braut an den Gewinner und ihrer Schwester an den Verlierer.

Damit war die Aufführung noch lange nicht zu Ende. Erst erfolgte der Abmarsch der verschiedenen Gruppen und wieder Fahnenschwenker. Die waren zwar gut, aber irgendwann war es mal genug mit den Fahnen.

Zum Abschluss kam dann nach und nach das gesamte Ensemble inklusive der Backstage-Gruppen auf den Platz. Es schien schon so, als würde die gesamte Einwohnerschaft von Marostika und einiger Nachbarorte mitspielen.

Und ganz am Ende gab es noch ein kleines Feuerwerk über der unteren Burg mit Feuer-Wasserfall über der Burg.

Zurück bei unserem Hotel nahmen wir noch drei Bier an der Rezeption mit, löschten unseren Durst auf Auerts Zimmer und ließen das Erlebte Revue passieren.

Erst gegen 1:30 Uhr ging schließlich das Licht aus.