Atlas-Gebirge und Wüste

Über den Mittleren und Hohen Atlas - Durch das Tafilalet

Mittwoch, 03. Oktober 2018

Als letztes besichtigten wir noch den Flughafen von Fès. Nein, einer unserer Mitreisenden wartete schon seit Tagen auf seinen Koffer. Der hatte uns nun endlich in Fès eingeholt, weswegen er bereits zum Flughafen vorgefahren war und wir ihn mitsamt Koffer einsammelten.
Die Straße aus der Stadt führte und durch die Ville Nouvelle (Neustadt) und durch ein Wohnviertel mit zahlreichen villenartigen Einzelhäusern. Die meisten in einem modernen kubischen Stil, die man sich auch bei uns hätte vorstellen können. Nur, dass man hier natürlich mit relativ kleinen Fensteröffnungen baut. Das wiederum würde man sich in unseren Breiten eher anders vorstellen.
Während unser Bus durch landwirtschaftliches Gebiet auf eine Hochebene bei etwa 1.400/1.500 m fuhr gab es von unserem Reiseleiter einen Vortrag über die Wirtschaftssituation in Marokko. Phosphat, Tourismus, Gastarbeiterüberweisungen und Export landwirtschaftlicher Produkte stellen die Haupteinnahmequellen dar. Aber auch Cannabis. Marokko ist der größte Cannabis-Exporteur nach Europa.
Leider bekamen wir von dem im europäischen Stil gebauten Wintersportort Ifrane recht wenig mit. Schuld war die Gefahr, auf dem Weg über den Mittleren und den Hohen Atlas zur Wüste keine Geldzapfanlage mehr zu finden. Der erste Geldautomat funktionierte nicht und somit staute sich der Verkehr vor dem zweiten Automaten. Ich hatte zwar Glück gehabt, und recht schnell den zweiten Automaten entdeckt, aber Johanna und andere standen dann in der Schlange. Damit waren wir eh schon wieder zu spät zur ausgerufenen Abfahrtszeit.
Wieder ein Stück weiter erreichten wir auf 1.800/1.900m den Zedernwald von Azrou. Vorher hatten wir die Schranke passiert, die die Straße sperrt, wenn der Schnee zu hoch liegt. Die Luft war angenehm frisch bei klarem Himmel und strahlender Sonne. Der Zedernwald roch bei unserem kurzen Spaziergang entlang der Straße sehr angenehm und deutlich nach den Bäumen.
Auf der dann folgenden Ebene gab es einige Strukturen aus durchbrochenem Mauerwerk, die im Winter Schneeverwehungen über die Straße verhindern sollten.
Weiter über die Hochebenen des Mittleren Atlas näherten wir uns fast unmerklich der 2.000 m Grenze, begleitet von Erläuterungen zur hiesigen Berberkultur.
Die Passhöhe überquerten wir unbemerkt, bevor wir ein Stück hinunter auf die Hochebene zwischen dem Mittleren und dem Hohen Atlas fuhren.
Die kurze Mittagspause legten wir in einer typischen Lokalität für durchreisende Touristengruppen ein.
Spezialität wären eigentlich Atlasforellen gewesen. Ich entschied mich aber für Kalbfleischspieße vom Grill. Johanna für eine Kalbfleisch-Tajin mit Gemüse. Obwohl beides gleich bepreist war, überstieg die Menge in Johannas Tajin alles andere um ein Vielfaches. Die Fleischspieße waren gut gegrillt, Johannas Tajin geschmacklich dem aber um Längen voraus. Weiter ging die Fahrt über die Hochebene bei 1.500 m Richtung des Hohen Atlas. Hier war nun tatsächlich alles karg. Obwohl die Gegend, wo wir unseren Mittagsstopp eingelegt hatten, als Apfelzentrum bekannt ist, waren wir wohl an den Apfelplantagen vorbei.
Nur in unmittelbaren Nähe des weitestgehend ausgetrockneten Flusses gab es Grün, teilweise kleine Felder, aber meist nur Gras und Buschwerk.
Dann aber doch im Flusstal bei ein paar Häusern eine kleine Apfelplantage.
Die Fahrt verlief entlang des Flusses Oued Ziz auf der Straße, die in den 1920er Jahren von französischen Legionären gebaut worden war. Für einen kurzen Fotostopp hielten wir nach dem nur ein paar Dutzend Meter langen Tunnel der Legionäre. Deutlich sah man das geschichtete und nach oben geklappte Gestein der europäischen Kontinentalplatte, die sich hier über die afrikanische Platte schiebt.
In der Flussoase, in der sogar etwas Wasser oberirdisch sichtbar war, wird in einer Stufenwirtschaft der alles mögliche angebaut. Das erhöht den farblichen Kontrast zwischen den rötlich-gelben Felsen und dem grünen Flusstal.
In der Gegend waren auch die ersten Exemplare der typischen Wehrbaute, der Ksare, zu sehen, die heute nur noch als Viehstall oder Lager benutzt werden. Inzwischen waren wir auf etwa 1.200 m runter, wo jetzt auch der Dattelanbau begann.
Ein Stück führte uns die Straße entlang des Stausees des Oued Ziz, der sich in tiefem Blau von der Felsenlandschaft außen herum abhebt.
Praktisch schon in der Sahara, aber immer noch auf 1.000 m Höhe machten wir noch einmal einen Boxenstopp. Neben uns an der Tankstelle stand tatsächlich ein Schweizer Bus aus Interlaken. Die wilden Spekulationen, wie der Bus die Entfernung überwunden haben mag, konnten wir nicht durch fragen auflösen, weil der Bus wegfuhr. Vielleicht würde sich in nächster Zeit nochmals Gelegenheit geben, direkt zu fragen.
Was auch noch auffällig war, dass trotz blauem Himmel und Sonne die Temperaturen noch in angenehmen Bereich waren.
Nicht erst in der Provinzhauptstadt und Militärstützpunkt Er Rachidia war auffällig, in welchem guten Zustand die Straßen, die Häuser und das Ortsbild waren. Sicherlich, auf dem Land sieht man immer wieder verlassenen Ruinen oder Häuser, die angefangen und nicht weitergebaut waren. Aber insgesamt war es überall sehr sauber und gepflegt, die Straßen in einem guten Zustand.
Nachdem wir eine Weile durch die Geröllwüste gefahren waren kamen wir an einen breiten Canyon, den der Oued Ziz in die Landschaft gegraben hatte. Damit hatten wir das Tafilalet erreicht, die größte zusammenhängende Dattelpalmenoase Marokkos erreicht.
Das Flusstal ist recht breit und nicht extrem tief, aber dennoch beeindruckend, weil es eben einen solchen Einschnitt in die Landschaft darstellt.
Dort trafen wir auch den Schweizer Bus wieder. Kurzerhand fragte ich ein paar der Reisenden. Sie kamen tatsächlich aus Interlaken, waren von dort aus nach Barcelona gefahren und mit der Fähre in 26 Stunden nach Tanger. Der Bus sei sehr bequem und mit 21 Leuten in einem hochmodernen 50er Bus wäre alles ok. Nun ja, dennoch verliert man ja Tage mit der An- und Abreise zum und vom eigentlichen Ziel.
Ein Stück weiter fuhren wir wieder unten im Tal bzw. der Schlucht. Die Straße windet sich zwischen der Vegetationszone und den aufragenden Felsen. Am Talausgang oberhalb eines Dorfes machten wir nochmal einen Fotostopp. Hier waren auch sehr schön einige umgewidmente Ksare und die Dreschplätze bzw. die Trockenplätze für die Datteln zu sehen. Allerdings war es noch etwas hin bis zur Ernte.
Schließlich, nach einem langen, aber dennoch sehr spannenden Tag kamen wir in unserem Hotel, der Kasbah Xaluca an.

Erg Chebbi

Donnerstag, 04. Oktober 2018

Nach dem Frühstück konnten wir erst einmal unser Gepäck auf den Zimmern lassen. Mit dem Bus fuhren wir nach Rissani, wo wir als erstes das recht neu Zaouia des Moulay Ali Cherif besichtigten. Das Mausoleum des Gründers der Alaouitendynastie ist ziemlich neu, stammt aus dem Jahre 1955.
Hinter dem Eingangstor gelangt man in einen Innenhof mit einem Brunnen in der Mitte. Der Innenhof ist komplett mit Palmen und anderen Pflanzen wie ein kleiner Garten gestaltet. Darum herum ziehen sich Arkadengänge. In den eigentlichen Bereich des Mausoleums darf man natürlich nicht.
Das kleine Städtchen Rissani war erst am Aufwachen. Viele der kleinen Geschäfte waren noch geschlossen, Öffnungszeiten sind so ab 10:00 Uhr.
Aber der Markt, unser eigentliches Ziel, hatte natürlich schon geöffnet. Auf der Fahrt hierher waren uns schon viele Leute aufgefallen, die den dreimal die Woche stattfindenden Markt ansteuerten.
Dieser gliedert sich in mehrere Bereiche. Gewürze und Kräuter, Haushaltswaren, Obst und Gemüse boten das fast gewohnte Bild. Die Zahl der Fleisch- und Fischläden war relativ klein. Fischstände hatte ich nur einen gesehen. Die Fleischstände hatten hauptsächlich halbe gerupfte Truthähne in der Auslage hängen.
Am Rande des Marktes, der inmitten der Stadt liegt, erreichten wir einen ziemlich großen Platz, auf dem überall Esel herumstanden. Das sei der Eselparkplatz, bekamen wir erklärt. Die Leute, die mit ihren Waren oder zum Einkauf auf den Markt kommen, pflogen hier ihre Esel an. Die Hengste bekommen wohl manchmal etwas mehr Auslauf... Einen darüber hinausgehenden Eselsmarkt gibt es wohl nicht. In zwei ummauerten Gevierten nebenan werden Schafe und Rinder verkauft. Und in der Mitte schließlich, in einem überdachten Gebäude, befindet sich der Dattel-Großmarkt. Hier kann man zwar Datteln zum Verzehr kaufen, eigentlich ist das aber ein Art Großmarkt, auf dem die Dattel-Bauern Stichproben ihrer Dattelsorten ausstellen, die dann von den Händlern aus den Städten begutachtet und bestellt werden können. Ich probierte nur eine, die leider noch etwas unreif und daher hart und bitter war. Aber die anderen Mitreisenden waren vom Geschmack der Datteln recht angetan.
Direkt neben dem Markt liegt der Ksar Moulay Ismail, eine der früher üblichen Wohnburgen. Dieser war noch von über 1.000 Menschen bewohnt, war mit Wasser, Abwasser und Strom versorgt und teilweise waren in die sonst geschlossenen Außenwände schon Fenster eingearbeitet worden. Trotzdem bot das Innere einen guten Einblick in die Struktur eines solchen Bauwerks. Nach dem Eingang um die Ecke gelangte man ein den ersten von üblicherweise zwei Plätzen in einem Ksar, den Brunnenplatz. Ein Stück weiter lag hier der zweite Platz mit der alten Moschee. Das gesamte Innere des Ksar besteht aus den zwei- bis dreistöckigen Wohngebäuden. Dazwischen schmale Gassen und weil die Gebäude über die Gassen hinweg gebaut sind, ergibt sich ein ständiger Wechsel zwischen offenen und eher tunnelartigen Gassen.
Als letzten Programmpunkt des Vormittags besuchten wir noch einen Betrieb, der aus den in der Gegend in regelrechten Steinbrüchen gewonnenen Sedimentgestein mit eingeschlossenen Fossilien entsprechende Schmuck- und Gebrauchsgegenstände herstellt, wobei die Fossilien entweder plastisch herausgearbeitet werden, oder nur als Schliff erkennbar sind.
Nach der Mittagspause und Auschecken im Hotel verteilten wir uns jeweils zu viert auf die bereitstehenden Geländefahrzeuge. Nach kurzer Strecke fuhren wir runter von der Straße und hinein in die Geröllwüste. In weit gefächerter Formation jagten wir über die kreuz und quer im Geröll verlaufenden Pisten. Zwischendurch gab es ein paar Haufen Wüstensand, den die Fahrer gleich nutzten, um zumindest einen Anflug von Dünenfahren zu zeigen. Allerdings war unser Fahrer eher einer von der vorsichtigen Sorte, was den Spaß etwas trübte. Das war selbst Johanna zu langsam.
Nach einer Weile erreichten wir den Erg Chebbi, Marokkos größtes zusammenhängendes Sandwüstengebiet. Aus der Geröllwüste erhebt sich gelb-rot die stationäre Düne. Richtiger wohl das Dünengebiet, das sich tatsächlich über ein Gebiet von 22 x 5 km erstreckt.
Dass es in der Zeit unserer Reise viel Wasser in der Gegend gab, hatte sich nicht nur am vollen Stausee auf dem Weg hierher gezeigt. Auch hier in der Wüste fuhren wir an einer größeren Wasserfläche vorbei.
Wir umrundeten die Ecke der Düne und erreichten schließlich unser Hotel, die Xaluca Tombouktou, wo unser Bus schon wartete. Das Hotel im Kasbah-Stil hatte im Internet eigentlich einen guten Eindruck gemacht mit seinen bunten und folkloristisch gestylten Zimmern. Tatsächlich fanden wir es aber als einigermaßen heruntergekommen. Die schummrige Beleuchtung, die nicht vorhandenen Steckdosen und die Waschecke als Teil des Zimmern taten ein Übriges, dass wir wenig begeistert waren.
Gegen 17:30 Uhr brach ein Großteil der Gruppe Richtung Dünen auf, die sich unmittelbar hinter dem Hotel erheben. Auf dem Weg dorthin mussten wir noch den Lagerplatz einer größeren Gruppe Touristendromedare durchqueren. Über ein paar kleine Dünen erreichten wir den Kamm einer Düne, wo wir uns nebeneinander Richtung Osten setzten. Unser Reiseleiter zitierte zunächst aus einem Text von Saint-Exupéry, die seine Erfahrungen nach einem Absturz über der Wüste und den anschließenden Marsch bis zur Rettung schildert.
Zu aller Überraschung packte er dann eine einheimische Langflöte aus und begann zu spielen. Was für ein berührender Moment!
Inzwischen waren auch andere Gruppen auf den Dromedaren oder auf Quads unterwegs in das Dünengebiet. Das beeinträchtigte die meditative Stimmung doch etwas. Bis zum Sonnenuntergang war es noch eine gute Stunde. Ein Teil der Gruppe blieb auf dem Dünenkamm sitzen, andere suchten sich ihre eigene Düne. Als der Schatten unserer Düne immer länger wurde und damit zunehmend das Fotomotiv beeinträchtigte, lief ich auch ein Stück weiter in die Dünenlandschaft hinein. Irgendwie hatte ich die irrige Befürchtung, dass es mit dem Sonnenuntergang schlagartig dunkel würde und befürchtete, den Weg nicht zurückzufinden. Daher machte ich mich so 15 min vor Sonnenuntergang auf den Rückweg. Dabei bemerkte ich die Wolkenbank über dem Horizont. Das würde also sowieso nichts werden mit rotem Sonnenuntergang. Johanna saß noch im Außenbereich des Restaurants und gemeinsam konnten wir dann beobachten, wie es noch lange nach Sonnenuntergang recht hell blieb.
Beim Abendessen gab es noch jede Menge Gelächter in unserem Bereich des Tisches, weil eine der mitreisenden Frauen von einem der jungen Souvenirverkäufer auf der Düne ständig angebaggert worden war. Auch für ihre Bekannte fände sich doch sicherlich ein Bruder des Verkäufers und wir würden auch alle zur Hochzeit kommen.
Ein Teil der Gruppe setzte den Abend dann noch im Freien fort, wo wir uns wunderten, wie wenig Sterne zu sehen waren. Tatsächlich war die Wolkenbank weitergezogen und wir bekamen sogar ein paar Regentropfen ab.

Reiseweg

Die Stationen unserer Rundreise