Montag, 04.10.2010
Auf dem Freedom Trail in Boston
Eigentlich hatten wir geplant, uns so gegen 8:30 Uhr zum Frühstück zu
treffen. Allerdings waren wir schon recht früh wach und daher schon
gegen 08:00 Uhr im recht gut gefüllten kleinen Frühstücksraum, wo wir
die Lage schon mal erkunden konnten.
Das war schon eine merkwürdige Konstellation an Frühstücksbestandteilen.
Die Kaffeekannen hatten wir in der Lobby ja schon am Abend gesehen. Der
Saftautomat ist auch durchaus üblich. Und auch die Lade mit Bagels und
Toast samt Toaster, Butter (abgepackt), Marmelade (abgepackt),
Philadelphia Frischkäse (abgepackt) findet man auch anderswo. Dazu gab
es aber einen Kessel mit Oatmeal mit Zutaten und ein Waffeleisen,
natürlich mit Fertigteig, Sprühsahne und Sprühfett für das Waffeleisen.
Und schließlich einen kleinen Kühlschrank mit Joghurt, Milch sowie
Schinken-Käse-Biskuits und einer Art Quiche (beides natürlich
abgepackt). Außerdem gab es noch eine Mikrowelle, in der man die
Biskuits und die Quiches aufwärmen könnte. Besteck, Becher,
Kaffeebecher, Teller: natürlich alles Plastik. Die Entsorgung fand auch selbständig in die große Mülltonne am Ausgang des Frühstücksraumes
statt.
Aber immerhin befand sich auf dem Zimmer der übliche Hinweis, dass man
aus Umweltschutzgründen doch seine Handtücher mehrfach benutzen solle.
An der Auslage neben dem Aufzug hatten wir einen Stapel Prospekte
eingesammelt und studierten diese nun während wir unser Frühstück zu uns
nahmen.
Wichtig waren dabei die Möglichkeiten zum Whale Watching. Nach kurzem
stießen wir auf das Angebot des New England Aquariums, das wir ja auch
besuchen wollten. In allen Prospekten wurde man auf die Notwendigkeit
frühzeitiger Buchung hingewiesen. Als Carmen und Hermann eintrafen,
beschlossen wir, den vorhandenen Internetzugang zu nutzen, um gleich die
Karten zu ordern. Ich machte das erst mal mit meinem Netbook, stellte
allerdings fest, dass man eine Bestätigung ausdrucken musste. Also
das ganze nochmal an dem Rechner in der Lobby.
Während wir so mit Frühstück und Organisation beschäftigt waren,
bereitete uns das Wetter vor der Tür Sorge. Es war recht regnerisch und
beim Gang vor die Tür pfiff uns ein heftiger Wind um die Ohren. Der
Wetterbericht, der im Fernsehen im Frühstücksraum lief, war auch nicht
unbedingt besser, versprach er doch kühles, windiges und regnerisches
Wetter mindestens bis Mittwoch.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Boston, wo wir
ein Parkhaus direkt beim Park Boston Common, dem Startpunkt des Freedom
Trail fanden.
Dann hieß es aber erst mal einen Laden zu finden, wo man Getränke
einkaufen konnte. In dem Gebäude mit der Tiefgarage fand sich ein
7Eleven, wo wir nach einigem Suchen auch Paletten mit kleinen
Wasserflaschen fanden. Carmen und Hermann kauften gleich eine 20er
Palette, also für meine Verhältnisse einen Jahresvorrat.
Für den heutigen Tag hatten wir uns den Freedom Trail vorgenommen, einen
Weg durch Boston entlang der historisch entscheidenden Punkten auf dem
Weg zur amerikanischen Unabhängigkeit.
Eichhörnchen im Boston Common Park
Gleich zu Beginn im Boston Common Park gab es erste Unterbrechungen der
Wanderung, hervorgerufen durch sehr zutrauliche Eichhörnchen, die
darüber hinaus auch noch einen Pelz hatten, der am Schwanz aussah wie
Pusteblumen. Carmen opferte einige ihrer mitgebrachten Leibnizkekse und
wir hatten unseren Spaß.
Massachusetts State House
Das Wetter war schon einigermaßen ungemütlich, recht kalt und windig.
Kurz bevor wir das
Massachusetts State House, das Landesparlament,
erreichten begann es auch noch ein wenig zu regnen. Da kam es uns
ganz gelegen, dass man das neoklassizistische Gebäude nach einer kurzen
Sicherheitskontrolle besichtigen konnte. Auf die Führung in einer Stunde
wollten wir doch nicht warten, also machten wir die „self-guided tour“,
sprich man bekommt einen Zettel mit der Beschreibung der wichtigsten
Besichtigungspunkte und kann sich auf den Weg machen.
Selbst den Sitzungssaal des Parlaments konnten wir uns ansehen. Die für
den heutigen Tag anstehende Sitzung hatte noch nicht begonnen. Aber
auch das wäre kein Problem gewesen. Hinweistafeln am Eingang wiesen
darauf hin, dass man während der Sitzung hätte von der Empore aus
zuschauen können.
House of Representatives
Eine bemerkenswerte Offenheit in dem sonst so paranoischen Amerika.
Der Plenarsaal erinnerte stark an alte englische Sitzungssäle. Selbst
die „Elektronik“ für das Mikrofon und wohl auch für Abstimmungen wirkte
etwas antiquiert. Ansonsten war der runde Saal durch seine
Ehrwürdigkeit schon beeindruckend. Ganz anders als die nüchternen
Sitzungssäle, die man sonst so aus dem Fernsehen oder eigener Anschauung
kennt.
Am Ende des Rundgangs machten wir uns auf Carmens Bitte hin noch
auf die Suche nach der J.F. Kennedy-Statue, die wir aber erst
außerhalb im Vorgarten des Seitenflügels fanden.
Vorbei an der Park Street Church kamen wir dann zum Granary Burying
Ground, einem Friedhof, auf dem so berühmte Personen wie Samuel Adams,
John Hancock und Paul Revere begraben liegen.
Granary Burying Ground
Der eigentlich relativ kleine Friedhof war von zahlreichen
Touristengruppen bevölkert. Im Vergleich zu italienischen Friedhöfen
sind amerikanische recht nüchtern. Unter Bäumen gibt es eben Reihen von
Grabsteinen, die aber aus dunkelgrauem Stein und sehr niedrig sind. Man
muss selbst die Grabstellen der Prominenten suchen und findet sie meist
auch nur über die Überblickstafeln in der Nähe. Während ich über den
Friedhof streifte, verharrte der Rest der Reisegruppe nahe des Eingangs.
Als ich nach ein paar Minuten zurückkam, wurde ich mit der spöttischen
Bemerkung empfangen, ob ich denn nun auch jeden Grabstein fotografiert
hätte.
Ein paar Besichtigungspunkte weiter kamen wir an die Old City Hall.
Im Hof-/Gartenbereich vor dem Gebäude kann man ein Denkmal Benjamin
Franklins finden. Überraschender war allerdings, dass das ehrwürdige
Gebäude ein Ruth’s Chris Steakhouse beherbergt.
Langsam machten sich bei einigen Ermüdungserscheinungen bemerkbar und
der Wunsch nach einer Ruhepause kam auf.
Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass wir in der
Faneuil Hall
Einkehrmöglichkeiten finden würden, aber außer einem Kaffeeladen und
einigen Souvenirständen gab es in der historischen Markthalle nichts
dergleichen.
Faneuil Hall
Erst dahinter in den Hallen des
Quincy Markets wurden wir fündig. Dort
tobte aber der Bär. In der ursprünglichen Halle reiht sich ein
Essensstand an den anderen. Die Halle ist flankiert von zwei gläsernen
Seitenschiffen mit anderen Verkaufsständen. Einziger Nachteil war, neben
der Riesenauswahl, dass es praktisch keine Sitzplätze gab. Nur unter der
zentralen Kuppel gab es Tische und Stehtische, ein Stock höher wohl
ebenfalls. Nachdem wir das Angebot inspiziert hatten, entschieden wir
uns für einen der Seafood-Stände. Wir wählten einheitlich eine Tasse
Clam Chowder und Lobster Salad Rolls. Im zentralen Rondell fanden wir
einen Stehtisch und genossen unseren Mittagsimbiss.
Die Markthalle des Quincy Markets wird flankiert von den Hallen des
North Markets und des South Markets. Dort hatte Johanna einen
Victoria‘s Secret Laden entdeckt. Hermann und ich warteten auf einer
Parkbank während die beiden Frauen in dem Laden verschwanden. Johanna
hatte schon seit Jahren davon gesprochen, wieder mal dort einkaufen zu
gehen. Als sie einige Zeit später aus dem Laden kam, war ihr die massive
Enttäuschung von weitem anzusehen. Im Sortiment hatte sie nicht
gefunden, was sie schon seit langem suchte. Nach kurzer Beratung gingen
Johanna und Carmen nochmal hinein und kamen mit der Adresse der
Zweigstelle in der Cambridge Mall zurück.
Die Wartezeit vor Victoria’s Secret war aber nichts gegen das, was
mich anschließend erwartete. Carmens Neffe hatte ihr eine Einkaufsliste
für Abercrombie & Fitch mitgegeben. Und tatsächlich fanden wir direkt
neben der Faneuil Hall eine große Filiale. Da ich annahm, dass der
Einkauf von ein paar Sweatshirts auf Basis einer genauen
Produktspezifikation eigentlich nur ein paar Minuten dauern sollte,
entschloss ich mich draußen zu warten, während die anderen drei in dem
Laden verschwanden. Da stand ich dann; und stand; und stand; und lief
herum; und stand; und stand; und lief herum; und….
So etwa eine dreiviertel Stunde später beschloss ich, mir in der Faneuil
Hall einen großen Kaffee zu holen. Der war auch schon fast alle, als
Johanna herauskam und erst mal die Story von lauter Musik, abgedunkelten
Auslagen, unwissenden Angestellten etc. erzählte. Aber nun sei alles
geklärt und es könne nicht mehr lange dauern. Also standen wir dann; und
standen; und standen; und …
Schließlich machte ich mich auf die Suche nach Carmen und Hermann und
fand sie immerhin an der Kasse. Einige Zeit später war der Einkauf endlich abgeschlossen.
Auf dem weiteren Weg den Freedom Trail entlang kamen wir am Union Oyster
House vorbei. Johanna und ich hatten eigentlich gedacht, dass es sich um
das Lokal handelte, in dem wir Jahre zuvor zusammen mit dem Rest der
Camelot-Truppe essen waren. Vor dem Lokal stellte sich heraus, dass wir
uns wohl geirrt hatten. Wir erinnerten uns aber, dass wir damals
eigentlich in der Nähe unseres Hotels in Cambridge gewesen waren.
Über den Rose Kennedy Greenway hinweg kamen wir in das italienische
Viertel. Das war wirklich so italienisch, dass vor einem Lokal auch der
Luxuswagen mit einem Typen drin, der wie der lokale Juniorpate aussah,
zu finden war.
Die Begeisterung der Gruppe das Paul Revere Haus zu besichtigen, war
offensichtlich gleich Null. Auch die Aussicht noch weiter zu laufen, und
schließlich den ganzen Weg wieder zurück, weckte keine Begeisterung. Wir
beschlossen also direkt umzukehren. Etwas hinter dem Quincy Markt
setzten Hermann und ich unsere Frauen in einem Starbuck’s ab und
liefen quer durch die Stadt zurück zur Garage. Scherzhaft wies ich
Hermann darauf hin, dass dies etwa das Wandertempo für nächste Woche
sei.
Wir holten dann die Frauen ab und schweren Herzens musste ich feststellen, dass es inzwischen für den Besuch des Charlestown Navy
Yards mit der USS Constitution und der USS Cassin Young zu spät geworden
war. Also fuhren wir direkt zur Cambridge Mall, um dort den anderen
Victoria’s Secret Laden aufzusuchen.
Während Hermann und ich vor dem Laden warteten, sammelten wir einige
Besichtigungsprospekte ein und überlegten, wie man die Adresse des
Seafood Restaurants herausbekommen könnte, das wir von früher in
Cambridge kannten. Schließlich kamen die beiden Mädels aus dem Laden und
wir waren eigentlich schon wieder im Erdgeschoß, als Carmen auf die Idee
kam, das Sonderangebot doch wahrzunehmen. Also wieder hinauf zu
Victoria’s Secret und wieder warten. Schließlich war aber auch das
ausgestanden.
Unten fragte Johanna einen Angestellten an einem Mobiltelefonstand
nach dem Restaurant. Wieder einmal waren wir ob der Hilfsbereitschaft
vieler Amerikaner positiv überrascht. Ohne Zögern begann der Junge im
Internet nach Seafood Restaurants in Cambridge zu suchen und schrieb uns
auch noch die Adresse auf.
Ein paar Minuten später hatten wir unseren Wagen in einer Parkgarage
abgestellt und suchten das Legal Seafood Restaurant. Irgendwie waren wir
daran vorbeigelaufen und fragten den Bell Captain beim Marriott, in dem
ich auch mal übernachtet hatte. Auf der anderen Seite des Gebäudezuges
wurden wir schließlich fündig und bekamen auch gleich einen Tisch.
Johanna bestellte natürlich rohe Little Necks und einem kleinen Hummer,
ich entschied mich für überbackenen Austern und gebratenen Thunfisch.
Hermann nahm ebenfalls das „Today’s Special“ der Austern, während Carmen
die mit Spinat überbackenen bestellte. Beide waren sich bezüglich
des Kabeljau als Hauptgang einig.
Sehr zufrieden und gesättigt machten wir uns auf den Weg zurück zu
unserem Hotel.
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