Etappe 5: Saldenburg - Kalteneck

Dienstag, 23. September 2014

Als ich am Morgen die Rollläden hochzog sah es immerhin so aus, als würde es ausnahmsweise nicht regnen. Aber kalt war es. Auf der anderen Seite waren mir die Langarmhemden ausgegangen. Also Zwiebellook. Hemd, Fleecejacke, ärmellose Jacke und Regenjacke, alles übereinander. So gerüstet ging es nach dem Frühstück weiter. Aber es blieb einigermaßen trocken. Nässe aus den Bäumen und ausflockender Nebel waren aber immer noch Wasser genug.

Etappe 5

Durch gemischtes Gelände erreichte ich den Saldenburger See, von dem aus man auch einen tollen Blick auf die Burg Saldenburg hatte. Von da aus galt es wieder Höhe zu machen bis nach Auggenthal, die man aber auch gleich wieder aufgab.

Saldenburger See
Saldenburger See

Als ich schließlich einen Wiesenweg mit Blick auf die Pfarrkirche Sankt Brigida erreichte, brach auch immer wieder die Sonne durch. Nach und nach konnte ich Zwiebelschalen ablegen.

Da die Strecke heute deutlich kürzer ausfiel, als an den letzten Tagen, machte ich einen Abstecher hinüber zu der hoch aufragenden Kirche mit dem barocken Innenraum.

St. Brigida
Pfarrkirche St. Brigida in Preying

Zurück auf dem eigentlichen Weg fiel mir wieder eines der kleinen Häuschen auf, die ich bereits mehrfach gesehen hatte und unbedingt erwähnen wollte. Leider habe ich keines fotografiert. Es handelte sich um Backhäuschen. Immer ein Stück weg vom eigentlichen Haus, viele ähnlich den kleinen Kapellen und wie die Bauernhäuser liebevoll renoviert. Und einige waren wohl noch heute in Betrieb. Hätte mich schon mal interessiert, wie Brot aus einem solchen Ofen schmeckt. Oder ein Spanferkel…

Gegen 11:30 Uhr erreichte ich schließlich die Ilz, deren Lauf der Goldsteig die nächsten 1,5 Tage folgen sollte.

Die Berge der ersten Tage, die bewaldeten Hügel und Wiesentäler der letzten Tage wurden nun ersetzt durch ein grünes Flusstal. Die Ilz fließt mal langsamer, mal schneller, mal breiter, mal schmäler durch ihr Tal. Die Auen zu beiden Seiten waren mit Laubbäumen und Buschwerk bewachsen. Und überall die Pflanzen, deren rote Blüte an Orchideen erinnern. Auf einer der vielen Informationstafeln las ich dann, dass es sich um eingewandertes indisches Springkraut handelte.

Ilzsteig
Ilzsteig
Springkraut
Indisches Springkraut

Der Weg zog sich eben neben dem Fluss dahin. Jetzt, am fünften Tag, schweiften meine Gedanken beim Wandern erstmals ab. Während ich automatisch Schritt vor Schritt setzte, dachte ich an die Higgs-Bosonen. - ??? - Letzte Nacht, als ich aufgewacht war und nicht schlafen konnte, las ich einen Bericht im Perry Rhodan Journal über die Verleihung des Nobelpreises an die Wissenschaftler, die das Higgs-Boson, das im Standardmodell der Teilchenphysik noch fehlende Teilchen, das den anderen Masse verleiht, theoretisch gefunden hatten. Und über den experimentellen Nachweis im LHC des CERN. Teilchenphysik und Astrophysik finde ich unheimlich spannend, gerade auch weil sie an die Grenzen menschlicher Erkenntnisfähigkeit stoßen. Aber wie kann man sich als interessierter Laie einen Einblick verschaffen, ohne mehrere Universitätsabschlüsse nachzuholen? Physik hatte ich während des Studiums etwas vernachlässigt. Und Mathematik war in Karlsruhe in einer sehr theoretischen Form gelehrt worden, die mich als Pragmatiker wenig ansprach. Mal schauen, ob ich ein Buch „Teilchenphysik für Dummys“ finde.

Ilzsteig
Im Tal der Ilz
Springkraut
Nachen am Ufer der Ilz

Der lange Weg entlang des Ilz war eigentlich sehr angenehm zu laufen und die Umgebung einfach beruhigend. Aber irgendwie zermürbte das aber auch. So langsam fand ich, war es genug mit Kopf leer bekommen und sich ausschließlich auf sich, das Wetter und die Landschaft konzentrieren.

Endlich erreichte ich die Schrottenbaummühle. Dort begutachtete ich erst einmal das kleine Wasserkraftwerk und beobachtete insbesondere den Mechanismus, der den Rechen vor dem Einlauf in das Kraftwerk regelmäßig und automatisch säuberte. Über einen doppelten Hydraulikarm wurde ein Querbalken ins Wasser bewegt, der dann in der Aufwärtsbewegung die Blätter aus dem Wasser über den Rechen nach oben schob. Dort aber offenbarte sich die Schwäche der Konstruktion. Am oberen Rand lag bereits ein Haufen Blätter über die Breite des Einlaufs. Der Balken schob die neue Fuhre nach oben, aber ohne genügend Bewegung nach hinten. Dadurch rutschte ein erheblicher Anteil der Blätter wieder nach unten. Außerdem musste der längliche Blätterhaufen manuell beseitig werden. Das hatte man bei der Schneidermühle besser gelöst. Eine Art Förderband schaffte dort die Blätter aus dem Weg.

Das kleine Kraftwerk versorgte die wenigen Gebäude und das Sägewerk mit Strom. Das Sägewerk hätte auch aus dem Faller-Katalog sein können. Das Wirtshaus neben dem Gästehaus sah richtig schmuck aus. Anders als die paar Dauercamper-Plätze daneben.

Die Schrottenbaummühle ist offensichtlich ein beliebter Anlaufpunkt von Wanderern und Ausflüglern. Einige wenige Gäste waren bereits da, andere kamen während meines Aufenthaltes. Die Speisekarte warb mit den Forellen aus eigener Zucht, weswegen ich mich für geräucherte lauwarme Forellenfilets mit Petersilienkartoffeln entschied. Das war richtig lecker und nach einem Espresso machte ich mich wieder auf, jetzt etwas lockerer.

Aumühler Steg
Aumühler Steg über die Wolfsteiner Ohe

Der Weg führte weiter der Ilz entlang. Die Beschreibung bezüglich des steilen Aufstiegs zum Schloss Fürsteneck hatte ich falsch interpretiert. Es wäre ein optionaler Abstecher gewesen. Aber die Ilz-Infostelle hatte Dienstag eh geschlossen. Und nach gehobener Küche stand mir der Sinn nach der Forelle und in verdreckter Wanderkluft auch nicht. Also weiter der Ilz entlang. Bei der Einmündung der Wolfsteiner Ohe machte der Weg eine Schleife bis zu einer Brücke, bevor er wieder an die Ilz zurückkehrte und dort auf einem ehemaligen Triftsteig weitergeführt wurde. Das bedeutete wieder Konzentration auf den Weg. Zeitweise war es lediglich ein halbmeter breiter Steinpfad direkt an der Ilz entlang. Aber so war endlich wieder Abwechslung geboten.

In Kalteneck führte der Weg um den Bahnhof der Bahnstrecke Freyung – Passau herum. Auf dem Bahnhof waren einige Epoche III Güter- und Personenwagen abgestellt. Und ein Triebwagen der Vogtlandbahn.

Kalteneck
Schatten-Selfi

Nach der Ilzbrücke wiesen meine Reiseunterlagen auf die abzweigende Bergstraße hin, die zu meiner heuten Unterkunft führen sollte. Bereits nach wenigen Metern wurde klar, warum die Straße Bergstraße hieß. Ich glaube, das waren mehr Höhenmeter, als ab Auggenthal zusammen.

Am Stoaberger Hof angekommen, stieß ich erst mal auf den Hinweis, dass Montag und Dienstag Ruhetag seien und man sich im Haus gegenüber melden solle. Also dort geklingelt. Die alte Frau führte mich wieder zurück und meinte, die Wirtin wäre da. Das Haus lag am Hang, mit den Zimmern oben und die Gaststube unten. Die Wirtin versprach mir, dass ich trotz Ruhetag etwas zu essen bekäme. Also verabredeten wir uns auf 18:30 Uhr und ich bekam ein großes paniertes Schnitzel mit Bratkartoffeln und Salat. Mit einem weiteren dunklen Bier zog ich mich schließlich auf mein Zimmer zurück. Dank des zumindest zeitweise vorhandenen und offenen WLANs hatte ich endlich auch die Tageszeitung herunterladen und während des Essens auch lesen können.

Morgen stand dann die letzte Etappe bevor. Nochmal etwas kürzer, als die heutige. Aber den Nachmittag konnte ich mir ja mit der Besichtigung von Passau vertreiben.

Endlich mit einer Internetverbindung nutzte ich auch gleich die Gelegenheit und buchte meine Bahnfahrkarte von Passau nach Straubing. Von dort aus würde ich wahrscheinlich ein Taxi nach Haibach nehmen.

Zurück zum Anfang

Offizielle Etappenangaben

Etappe 20 S
Zentig - Schrottenbaummühle
21,5 km
790 Höhenmeter

Etappe 21 S
Schrottenbaummühle - Ruderting
15,5 km
448 Höhenmeter

5. Wanderetappe
Saldenburg - Kalteneck
18 km
110 Höhenmeter

Eigene Statistik

Distanz: 23km
Zeit: 8:00 Stunden
Duchschnittliche Geschwindigkeit: 3,37 km/h
Anstieg gesamt: 548 m
Abstieg gesamt: 570 m
Minimale Höhe: 329 m
Maximale Höhe: 561 m

Etappe 5